~"Ich weiß jetzt, wie die Toten speisen. Es dreht sich mir der Magen um."~
Seine zarten, gepflegten Hände waren wie die eines Künstlers. Die kleine Mayiira, zehn Jahre alt, liebte den Anblick, wenn er sie sorgsam wusch, bevor seine Handschuhe anzog und nach den von seinen Dienern ebenso sorgfältig gereinigten Werkzeugen griff. Retraktoren. Spekula. Skalpelle. Klammern. Spreitzer. Nadelhalter. Klemmen. Pinzetten. Wundhaken. So viele Dinge. So gefährlich. So nützlich. So notwendig. Er konnte die Sargtlin selbst dann noch zusammenflicken, wenn Heiltränke und Heilmagie als Verschwendung angesehen würden. Manchmal tat er es. Für Gefallen. Oder für Edelsteine. Manchmal tat er es nicht, aber er öffnete sie trotzdem. Um sie für den Untod zu präparieren. Um zuvor wertvolle Ingredenzien zu entnehmen, die er möglichst frisch und unversehrt für andere Zwecke benötigte. Oder um seine Kunde über die Funktionsweise eines Körpers weiter zu erhöhen. Es gab immer etwas zu lernen, wie er sagte. Und die zehnjährige Mayiira liebte es, ihm zuzusehen. Heute durfte sie ihm zusehen. Ihrem Vater, dem Nekromanten des Hauses und Teilzeit-Geliebten ihrer Mutter.
Der halbelfische Sklave war auf dem Operationstisch fixiert. Ein besonderes Exemplar. Er hatte aufgehört, zu weinen, weil es keinen Sinn machte. Niemand hier unten lässt sich von Tränen erweichen. Sie machen die Illythiiri im besten Fall fröhlich, im schlechtesten Fall wütend. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Aber sie war nur noch ein Abglanz von seiner ursprünglichen Angst. Inzwischen war er bei der Phase der Akzeptanz angelangt. Er wusste, er würde nie mehr hier herauskommen. Das Sonnenlicht nie wieder sehen. Seine Geliebte nie wieder in die Arme schließen. Er würde nie Kinder haben und nie alt werden. Er konnte nur hoffen, dass es schnell gehen würde und dass die Götter ihm gnädig sein mögen und seine Seele mit seinen Ahnen vereint werden würde. Hätte er sich nur nie dieser Abenteurergruppe angeschlossen.
Mayiira'myrace hatte ihre Hände ebenfalls gewaschen und zeigte sie ihrem Vater, dann nahm sie die kleineren Handschuhe, die speziell für sie angefertigt worden waren und zog sie an.
"Ich will den ersten Schnitt machen."
"Nein, sieh zunächst zu, Mayiira."
Seine geschickten Hände ergriffen das Skalpell.
(Die brutaleren Passagen sind eingeklappt, für die Story an sich sind sie nicht erforderlich, sie sind nur der Extra-Spritzer "Splatter". Nur lesen wer mag.)
"Dieses große Ding ist die Leber. Eineinhalb bis zwei Kilogramm schwer, 20 Zentimeter groß, 15 Zentimeter hoch, 10 Zentimeter breit. Bei ungesunder Ernährung oder vor allem der Einnahme von zu viel Alkohol über längere Zeiträume kann sie jedoch deutlich größer werden, manchmal sogar das Doppelte ihres ursprünglichen Ausmaßes annehmen, man kann diese Vergrößerung dann sogar von Außen ertasten. Sie ist eines der wichtigsten Organe mit vielfältigen Aufgaben und jeder Schaden an ihr hat schwerwiegende Konsequenzen für den gesamten Organismus. Der Tod durch das Versagen des Organs gehört zu den qualvolleren Arten zu sterben. Weil es so lange dauert. Versagen Herz, Hirn oder Lunge, ist es normalerweise schnell zu Ende. Bei der Leber kann es Stunden oder sogar Tage dauern, es wird von schrecklichen Schmerzen begleitet und die Person bekommt mit, wie nach und nach die Körperfunktionen ausfallen. Das Gehirn füllt sich mit Ammoniak, was zu Gedächtnislücken, Wahnvorstellungen, Angstzuständen und schließlich zu zunehmendem Irrsinn führt."
Er schnitt und schnitt und schnitt und legte die Leber behutsam in ein spezielles, stählernes Behältnis. Ein Zauber hielt den Sklaven in qualvoller Bewegungsunfähigkeit, doch selbst wenn dieser versagt hätte, war er immer noch ausreichend fixiert. Nur seine geräuschlosen Schreie zeugten davon, dass er noch am Leben war. Der Nekromant deutete in das pulsierende Innere, entnahm mit seinen Werkzeugen vorsichtig ein weiteres Organ.
"Das hier ist die Gallenblase. Bei Menschen meistens etwa zehn Zentimeter lang. Wie du sehen kannst, befindet sie sich unter der Leber und war von ihr verdeckt. Sie ist mit ihr verbunden und nimmt die meiste Zeit über, im Grunde immer dann, wenn keine Nahrungsaufnahme erfolgt, die von der Leber produzierte Gallenflüssigkeit auf. Dort wird sie aufbewahrt und eingedickt, um bei der Aufnahme besonders fetthaltiger Nahrung zusätzlich in den Verdaungstrakt abgesondert zu werden, dadurch kann der Körper das Fett leichter verarbeiten. Es ist faszinierend, was für eine komplexe Maschinerie sich in unserem Innern befindet und an welche Feinheiten die Götter bei der Kreation ihrer Schöpfungen dachten. Bei Oberflächlern ist dieses Organ in einigen Fällen von Saugwürmern befallen. Dieses hier sieht jedoch ganz gesund aus."
Behutsam legte er es in eine vorbereitete Schale. Dann klemmte er die Öffnung auf, griff tiefer hinein, schnitt, befestigte, schnitt weiter, befestigte eine Klammer im Innern, schnitt wieder.
"Das hier ist der Zwölffingerdarm. Dreißig Zentimeter lang....
Voller Faszination und Bewunderung verfolgte die zehnjährige Mayiira'myrace die von ihrem Vater durchgeführte Operation und lauschte fast andächtig seinen Ausführungen. Dabei amüsierte sie sich nicht an den Qualen des Sklaven, aber sie empfand auch kein Mitgefühl, es interessierte sie schlichtweg nicht. Viel wichtiger war die Zeit, die sie mit ihrem Vater verbrachte. Er war so intelligent, so wortgewandt und strahlte stets eine enorme Überlegenheit aus, selbst dann, wenn Mutter oder andere Frauen zugegen waren. Sie mochte es, wenn er ihr etwas erklärte. Anders als Mutter schlug er sie nicht, wenn sie etwas nicht sofort verstand und Nachfragen waren nicht verboten, sondern sogar ausdrücklich erwünscht. Eines Tages würde sie Mutter töten und ihren Vater besitzen. Ja, eines Tages. Als zehnjähriges Mädchen hatte sie natürlich noch keine spezifischeren Triebe im Bezug auf den Besitz eines Mannes. Es war vielmehr der Wunsch nach Eigentum. Im Grunde hatte ihre Mutter sie letztendlich sehr gut erzogen - ganz im Spinne der alles dominierenden Spinnenkönigin, deren Wahnsinn ein ganzes Volk, das einst voller Güte war, in einer Art und Weise pervertiert hatte, dass es im ganzen Multiversum kaum vergleichbares gibt.
Es hatte noch einige Stunden gedauert, doch dann wurden Vater und Tochter... gestört. Der Widerling war hereingekommen. Hatte den Raum betreten. Die Unheiligkeit dieses Moments besudelt. Würde Mayiira'myrace ihn nicht schon lange hassen, würde sie es spätestens jetzt, spätestens dafür tun. Der Widerling. Xanim. Der unfreiwillig ihrem Vater aufgezwungene Lehrling, den dieser im Grunde nur deshalb nicht einfach töten konnte, weil er einer der Liebhaber von Mayiira'myraces Großtante war (obwohl Mayiira auch noch nicht genau wusste, was genau ein Liebhaber eigentlich ist). Sowohl ihr Vater als auch Mayiira'myrace selbst sahen verägert zu Xanim hinüber. Dieser verneigte sich mit einem unterwürfig-spöttischen Lächeln.
"Jabbuk, die Matriachin erwartet.. Eure umgehende Präsenz in ihrem Saal."
"Ich verstehe. Dann werden wir sie nicht warten lassen."
"Soll ich Eure.. Lehrstunde mit Jabbress Mayiira'myrace an Eurer Stelle fortsetzen."
"Nau."
Die ablehnende Antwort war von dem jungen Mädchen selbst gekommen, schneller als ihr Vater antworten konnte und drang mit einer Eiseskälte in Xanims Herz, die ihn zornig werden und in ihm den Wunsch aufsteigen ließ, Mayiira'myrace zu erschlagen. Eines Tages, wenn seine wahren Herren, die Jaezred Chaulssin sich erheben würden, dann wäre seine Stunde gekommen. Xanim verbarg diese Gedanken natürlich sorgsam und er hoffte, dass der Stirnreif, den er von den mit den Chaulssin verbündeten Illithiden bekommen hatte, seine finsteren Pläne zudem gut genug abschirmen könnte, um nicht durch einen Zauber oder dergleichen gesehen zu werden. Er verneigte sich tief.
"Nun, das ist bedauerlich. Dann ein anderes Mal..?"
Mayiiras Vater, der Nekromant, zog nur schweigsam seine Handschuhe aus und säuberte seine Hände und sich selbst sorgsam, bevor er es auch bei seiner Tochter tat, dann legte er seine Schürze ab, zog sich um und verabschiedete sich von Mayiira'myrace.
"Geh in dein Zimmer und zieh dich ebenfalls um. Ich darf die Ilharess nicht warten lassen, doch wir setzen dies bei nächster Gelegenheit fort."
"Xas, Vater!"
Leider wussten beide nicht, dass es dieses nächste Mal nicht geben würde.
"Ich will dir die Wahrheit sagen. Ihr Menschen habt gar keine Angst vor dem Teufel. Ihr hofft und wollt, dass es ihn gibt. Denn gäbe es ihn nicht, dann... wäret ihr ganz alleine selbst für all das hier verantwortlich? Kriege, Morde, Vergewaltigungen. Das wäret dann alles ihr selbst, nicht wahr? Ihr wollt einen Bösewicht, weil dann alles ganz einfach ist. Töte den Bösewicht, vernichte das Böse. Wäre es nicht schön, wenn es einen Meisterplan gäbe? Wenn alles Schlechte auf der Welt irgendeinem Algorithmus folgt, wenn es Teil eines Puzzles wäre, das man lösen könnte? Doch was, wenn das gar nicht der Fall ist? Was, wenn viele Menschen nur das tun, was für sie gerade besser ist, ohne auf die Konsequenzen zu achten? Was, wenn viele Menschen die unter dem Egoismus anderer leiden, irgendwann irgendein Ventil suchen, Fanatismus, Rassismus, Amoklauf? Was, wenn viele Menschen überzeugt sind, das Richtige zu tun und alle, die etwas anderes tun, als Diener des Bösen brandmarken? Dann hätten wir einen kollektiven Wahnsinn, ein Karussell der Gewalt, das sich unaufhörlich dreht und völlig willkürlich alles zerfetzt, nicht wahr? Ihr braucht keinen Teufel. Ihr seid euer eigener."
~"Verzeiht mir bitte, was sind Tiere? Den Drow so ähnlich oder nicht, wissen nichts von Meuchelei und auch nichts von dem Kriegsgeschrei"~
Malfryn war die Matriachin des Hauses Kilrae, eines der einflussreichsten und mächtigsten Häuser von ganz Eryndyln. Dementsprechend eindrucks- und prachtvoll war der Thronsaal eingerichtet, über und über vollgestopft mit Reichtum, mit Dekadenz und allerlei Grausamkeiten. Acht gewaltige Säulen ragten hinauf um die in 18 Metern Höhe liegende Decke zu stützen, die natürlich verziert war von einem gewaltigen Spinnenemblem, welches als Pendant zu demselben am Boden prangenden gleichartigen Emblem diente. Wer den Thronsaal betrat tat dies auf dem Spinnenhinterleib des Emblems und wer vor der Matriachin kniete, musste dies an der Stelle tun, wo die Mandibeln der Spinne waren. Der Thron der Matriachin war natürlich aus Knochen und Stahl, Totenschädel und den Häuten besiegter Feinde angefertigt, eine der erwähnten Grausamkeiten, wie man sie fast eher in der Höhle eines Orkhäuptlings erwarten würde, wäre da nicht die kunstvolle Handarbeit, die dem Thron trotz des archaischen Materials ein dekoratives und fein ästhetisches, künstlerisches Aussehen verliehen.
Neben der Matriachin, doch deutlich einige Stufen tiefer gelegen, fand sich der kleinere Thron der Yathallar, welcher von ähnlicher Machart war. Die Matriachin war die Großmutter von Mayiira'myrace und die Yathallar war die Großtante, die jüngere Schwester der Matriachin und Liebhaberin des Widerlings Xanim (obwohl Mayirra auch nun, ein Posting später, immer noch nicht weiß, was genau ein Liebhaber ist). Es war kein Geheimnis, dass beide Schwestern einander abgrundtief hassten und nur deshalb einander noch nicht zu Töten versucht hatten, weil sie aufeinander angewiesen waren, jede von ihnen hielt unzählig viele Fäden der politischen, wirtschaftlichen und klerikalen Macht des Hauses in ihren Händen. So suchten beide möglichst viel weitere Macht zu erlangen, so dass eines Tages eine von ihnen genügend Möglichkeiten besitzt, die andere doch noch zu vernichten. Doch im Moment würde es den Untergang des Hauses bedeuten. Kilrae hatte sich zuviele Feinde gemacht, es gab zu viele offene Rechnungen, jede Schwäche des Hauses würde alle Gegner zugleich auf den Plan rufen.
Von all diesen Dingen verstand Mayiira'myrace mit ihren zehn Jahren freilich noch nicht soviel. Gehüllt in ihre feinsten Kleider saß sie schweigend an einem seitlichen Teil des Raumes, gemeinsam mit sieben anderen der Töchter des Hauses, in der Rolle einer Zuschauerin, die aufpassen und lernen sollte. Es waren zu jeder Audienz acht der weiteren Töchter als Zuschauerinnen zugegen, eingeteilt wurde dies von der Zofe, die federführend für die Erziehung und Ausbildung der Nachkommen des Hauses zuständig war, die Sukkubus Chakrahate. Mayiira war gerade erst von ihrer schönen, leider von Xanim unterbrochenen Lehrstunde bei ihrem Vater in ihr Zimmer zurückgekommen, als die Sukkubus dort schon auf sie wartete und sie rasch vorbereitete, der heutigen Audienz beizuwohnen. Das hatte nicht zu Mayiiras Wohlbefinden beigetragen, denn sie fand die Audienzen gelinde gesagt sterbenslangweilig. Alle möglichen Bittsteller kamen, erklären ihre dummen Anliegen und erhielten dann entweder eine Zusage oder wurden zur Belustigung aller Anwesenden bestraft, meistens war das einfach nur von den Launen von Großmutter und Großtante abhängig.
So wäre sie fast schon beim Kommen und Gehen der jeweiligen Personen eingenickt, wäre nicht in jenem Moment der Name ihres Vaters angekündigt worden, der nun den Thronsaal betrat und sich tief und demütig vor der Matriachin und ihrer Schwester verneigte.
"Ihr ließet mich rufen, Ilharess?"
Die Matriachin blickte ihn einige Momente lang an, dann erhob sie ihre Stimme.
"Dich..? Ah, ach xas. Höre her. Die Position des Obersten Hausmagiers, des Qu'El'Faeruk, ist soeben vakant geworden. Er hat mich schwer enttäuscht. Bei dem heutigen Dinner mit Haus Hylar hatte er zur Darbietung unserer Macht einen lächerlichen Glabrezu beschworen. Doch Torrelrogh, der Faern von Haus Hylar, beschwor einen deutlich mächtigeren Nalfeshnee! Unser Haus hat sein Gesicht verloren. Haus Hylar ist viel kleiner, viel unbedeutender, viel weniger machtvoll. Alle Matronen werden sich über mich lustig machen. Das konnte ich nicht hinnehmen und deshalb vernichtete ich ihn für sein Versagen."
Leider hatte Mayiira'myraces Vater eine entscheidende Schwäche. Es gelang ihm nicht immer, zu verhindern, dass die geringe Meinung, die er von anderen Personen und ihren Entscheidungen hegte, sich in seinen Gesichtszügen wieder spiegelte. So geschah es auch jetzt. Das gefiel weder der Yathallar noch der Matriachin.
"Wünscht Ihr etwas anzufügen, Faern...?" fragte die Yathallar, die jüngere Schwester, lauernd.
Und der Faern machte den Fehler, sich zu räuspern und tatsächlich etwas anzufügen.
"Bei.. allem Respekt. Der... Befehl, die Beschwörung eines Glabrezu vorzubereiten.. ausdrücklich eines Glabrezu... kam von Euch, Yathallar. Trifft die... Schuld an diesem Versagen nicht dann eher..."
Der Nekromant hielt inne als ihm der zunehmend finstere Blick der Yathallar rechtzeitig auffiel und entschied sich für eine andere Äußerung als er ursprünglich vorgehabt hatte.
"...den Spionagemeister, der... versäumt hatte, Euch darüber zu informieren, dass Torrelrogh einen Nalfeshnee beschwören würde?"
Es war nicht so, dass der Nekromant die willkürlichen und chaotischen Entscheidungen seiner Herrinnen nicht gewohnt war oder es ihn überrascht hatte. Doch er hatte trotz einiger Feindschaften stets große Bewunderung für den Qu'El'Faeruk gehegt, welcher der Auffassung des Nekromanten nach einer der bedeutendsten und intelligentesten Faern von ganz Eryndlyn war und dessen in den Augen des Nekromanten völlig sinnloser Tod eine massive Verschwendung war, die das Haus stark schwächen würde.
Die Matriachin kicherte daraufhin kurz. Sie wusste, dass der Spionagemeister einer der vielen Liebhaber ihrer jüngeren Schwester, der Yathallar war. Böse und sadistisch sah sie zu eben jener.
"Da hat der Faern völlig Recht nicht wahr? Ich erwarte, dass du den Spionagemeister noch in der nächsten Stunde den Spinnen vorwirfst. Ich glaube, er wäre ein gutes Opfer für Lolth."
Blanker Hass blitzte aus den Augen der Yathallar zurück, doch sie wusste, sie konnte nichts dagegen tun. Sie musste sich fügen, oder es wäre als Schwäche ausgelegt worden.
"Xas, fürwahr. Ich... hatte ohnehin vor, das zu tun."
"Nicht anders würde unsere Göttin es erwarten." meinte die Matriachin dann vergnügt. Diese kleine Bosheit hatte ihr den Moment sichtlich versüßt.
Dann hob die Matriachin die Hand und blickte gen den Nekromanten, sprach weiter.
"Jedenfalls ist die Position des Qu'El'Faeruk nun vakant. Und Ihr wäret dafür... geeignet. Aber natürlich müsst Ihr zunächst die Schmach Eures Vorgängers abwenden. Ich erwarte daher von Euch, dass Ihr einen besonders mächtigen Dämon beschwört, für unser nächstes Treffen mit Haus Hylar. Und zwar ein..."
Da unterbrach die jüngere Schwester, die Yathallar, voller Hass, die Matriachin.
"...eine Marilith. Macht Euch eine Marilith untertan und beschwört sie bei unserem nächsten Treffen."
Stille. Schweigen. Ein kurzer Schock. Alle wussten, was eine Marilith war. Eine der mächtigsten dämonischen Kreaturen, die man beschwören konnte, höchstens ein Balor selbst wäre noch mächtiger. Die Gefahr eine solche Kreatur zu rufen... zu unterwerfen zu versuchen... und in einen Dienst zu zwingen.. war immens. Falls es dem Nekromanten überhaupt gelingen könnte. Doch würde er nun scheitern, hatte die Yathallar einen Vorwand, um ihn zu bestrafen. Auch die Matriachin selbst war irritiert. Aber sie konnte nun nicht die besonnene, beschwichtigende Person spielen. Sonst würde es ihr als Schwäche ausgelegt. Die Yathallar blickte finster zu ihrer großen Schwester, der Matriachin.
"Nicht war, Schwester? Eine Marilith wäre am Besten. Auch Torrelrogh könnte so eine Kreatur nicht überbieten. Es ist die sicherste, beste Methode, um Haus Hylar wieder auf seinen Platz zu verweisen. Und jemand, der Qu'El'Faeruk des mächtigen Hauses Kilrae werden will, der wird doch nicht an so einer einfachen Sache scheitern, oder...?"
Die Matriachin nickte langsam.
"In der Tat, eine Marilith. Das klingt gut, sehr beeindruckend. Ihr habt es gehört, Faern. Kümmert Euch darum mit höchster Priorität. Unser nächstes Treffen mit Haus Hylar ist in neun Zyklen. Bis dahin muss es erledigt sein."
Der Nekromant nickte nur, sein Gesicht eine starre Maske. Er neigte ergeben sein Haupt.
"Natürlich, wie Ihr wünscht, malla Ilharess."
Mayiira'myrace war indessen ein wenig irritiert und blickte zur Zofe, der Sukkubus Chakrahate, die dem Geschehen wie üblich mit völliger Gleichgültigkeit und Gelassenheit folgte. Die zehnjährige Dunkelelfe hatte keine Ahnung, was genau denn eine Marilith sein soll und warum die Erwähnung der Beschwörung einer solchen alle innehalten ließ. Sie beschloss, Chakrahatte gleich nachher zu fragen. Als Dämonin wusste sie bestimmt mehr über andere Dämonen.
"Ich will dir die Wahrheit sagen. Ihr Menschen habt gar keine Angst vor dem Teufel. Ihr hofft und wollt, dass es ihn gibt. Denn gäbe es ihn nicht, dann... wäret ihr ganz alleine selbst für all das hier verantwortlich? Kriege, Morde, Vergewaltigungen. Das wäret dann alles ihr selbst, nicht wahr? Ihr wollt einen Bösewicht, weil dann alles ganz einfach ist. Töte den Bösewicht, vernichte das Böse. Wäre es nicht schön, wenn es einen Meisterplan gäbe? Wenn alles Schlechte auf der Welt irgendeinem Algorithmus folgt, wenn es Teil eines Puzzles wäre, das man lösen könnte? Doch was, wenn das gar nicht der Fall ist? Was, wenn viele Menschen nur das tun, was für sie gerade besser ist, ohne auf die Konsequenzen zu achten? Was, wenn viele Menschen die unter dem Egoismus anderer leiden, irgendwann irgendein Ventil suchen, Fanatismus, Rassismus, Amoklauf? Was, wenn viele Menschen überzeugt sind, das Richtige zu tun und alle, die etwas anderes tun, als Diener des Bösen brandmarken? Dann hätten wir einen kollektiven Wahnsinn, ein Karussell der Gewalt, das sich unaufhörlich dreht und völlig willkürlich alles zerfetzt, nicht wahr? Ihr braucht keinen Teufel. Ihr seid euer eigener."
~"Hämisch lachend spuckt mir jetzt der Dämon ins Gesicht und flüstert leise in mein Ohr, von Lolth sei er geschickt."~
Die Komplexität der Zeichen auf dem Boden übertraf das Verständnis der meisten Geister. Die Arkane Magie erforderte ein Höchstmaß an Konzentration und Sorgfalt und der Kenntnis um der wirkenden Kräfte. Je mächtiger ein Zauber werden sollte, umso höher sind die geistigen Anforderungen, umso mehr muss man auf jede noch so geringe Kleinigkeit achten, umso höher waren die Risiken bei Fehlern. Das galt natürlich insbesondere dann, wenn man vorhatte, einen Dämonen zu beschwören. Und noch mehr, wenn man vorhatte, einen besonders mächtigen Dämon zu beschwören. Am allermeisten natürlich, wenn man vorhatte, eine Marilith zu beschwören, eine der mächtigsten aller dämonischen Wesenheiten. Mariliths gelten als besonders intelligent und verschlagen, nicht selten führen sie ganze Armeen von Dämonen an oder dienen mächtigen Dämonenfürsten als Leibwächter oder persönliche Meuchelmörder.
Sie haben einen humanoiden, weiblichen Oberkörper, der sechs Arme besitzt und meistens befindet sich in jeder der sechs Hände auch je ein Schwert, das die Kreatur noch dazu meisterlich zu führen weiß. Es scheint einem solchen Dämon keinerlei Koordinationsschwierigkeiten zu machen, mit allen sechs Waffen gleichzeitig zu kämpfen. Ab der Taille ist der restliche Leib schließlich alles andere als humanoid, der Unterleib ist wie der einer Schlange. Eine solche Bestie wiegt 2 Tonnen, ist vom Kopf bis zum Schwanzende sechs Meter lang, wobei sie bei aufrechtem Stand natürlich meistens 'nur' auf eine Höhe von etwa 2 Metern ragen, da der Rest des Schlangenunterleibes der Standfestigkeit dient. Die Schwanzspitze kann jedoch auch als Waffe verwendet werden und ähnlich wie eine Schlange kann sie ihr Opfer in einen Würgegriff nehmen. All diese Dinge hatte Mayiira'myrace von ihrer Zofe, der Sukkubus Chakrahate erfahren. Diese hatte ihr auch gesagt, dass auch die meisten Dämonen hoffen, nie einer Marilith zu begegnen. Allerdings hatte sie auch gemeint, dass der Vater von Mayiira'myrace gar nicht dazu in der Lage sein dürfte, so einen Dämonen zu beschwören, da diese viel zu mächtig wären.
Nun... offenbar hatte sich Chakrahatte zumindest in letzterem Punkt vertan, denn ihr Vater bereitete genau diese Beschwörung nunmehr vor. Sie malte die hochkomplexen Zeichen, die er auf dem Boden angebracht hatte, in ihr Notizbuch. Man konnte nie ahnen, wann man so etwas braucht, außerdem konnte sie Chakrahate nachher schnell fragen, ob sie meint, dass das alles richtig wäre. Ein Siebeneck umschlossen von einem anderen Siebeneck. Umschlossen von einer höchst komplexen geometrischen Figur, die im Grunde ein ineinander verschlungenes Sechseck war, das jedoch doppelt gezeichnet im Grunde auch einfach zwei Dreiecke hätte sein können, die ohne Begrenzung ineinander übergingen. Umschlossen von einem weiteren Siebeneck. Umschlossen von einem Kreis. Dazu zahlreiche weitere Linien, die in einem mathematischen Muster angeordnet waren, das Mayiira'myrace nicht verstand, und dann noch unzählige komplexe Symbole und Beschriftungen in unbekannten Sprachen.
"Es handelt sich um ein Herbeirufungsdiagramm, eine Modifikation eines nach innen gerichteten Schutzkreises gegen Böses." erklärte ihr Vater dem neugierigen Mädchen ruhig.
"Oh.. und damit rufst du die Marilith?"
"Nau, nau, keineswegs. Das Herbeirufungsdiagramm verstärkt nur die magische Falle, in die die Marilith gelockt wird."
"Eine magische Falle?"
"Xas. Eine Schriftrolle des Achten Grades. Es hatte mich alle Mühe gekostet, sie aufzutreiben. Natürlich beherrsche ich die geringere Version dieses Zaubers, aber für eine Marilith wäre das nicht ausreichend."
"Ohh... und was macht diese Falle?"
"Zunächst einmal entsendet der Zauber, den ich von dieser Schriftrolle ablese, einen Lockruf durch die Ebenen und öffnet zeitgleich einen Pfad, durch den die erstbeste der gerufenen Dämonenarten sich in der Materiellen Ebene... materialisieren kann. Dazu musst du verstehen, dass Dämonen so wie alle Externare eigentlich nicht aus Materie bestehen."
"Aha...?" fragte das junge Mädchen ratlos zurück.
"Unsere Ebene, die materielle oder stoffliche Ebene, besteht aus Materie. Die meisten anderen Ebenen bestehen im Grunde aus... Energien, aus Elementen, aus Kräften und aus... Gedanken."
"Aus Gedanken?"
"Jeder Alptraum, jede Angst und jedes Verlangen, jeder Wunsch, jeder Trieb, jedwedes Streben wandert in Wellen durch die uns umgebenden Ebenen. Wie Sporen von Pilzen. Und dort, wo sie furchtbaren Boden finden, dort wo die Natur der Ebene dazu passt, materialisiert sich dies in irgendeiner Form. Manche Ansammlungen von Gedanken können zu Dämonen werden, sofern man noch die Energie einer oder mehrerer Seelen hinzufügt. Doch solange sie in den endlosen Ebenen umherwandern, können die meisten von ihnen keinen Einfluss auf die Materielle Welt nehmen. Aber sie sehnen sich danach."
"Warum sehnen sie sich danach?"
"Weil sie sich von uns ernähren. Die Dämonen ernähren sich von unserem Hass, unserem Zorn, unserer Angst, unserem Schmerz. Und schlussendlich.. von unseren Seelen, die all das beinhalten. Die Gefühle die wir, ob wissentlich oder unwissentlich, absichtlich oder unabsichtlich in die Ebenen entsenden, sind wie Tropfen einer.. leckeren, gut gewürzten Steinpilzsuppe. Geschmackvoll. Aber am Ende willst du nicht nur die Tropfen kosten. Du willst die Suppe essen. Die Seele."
"Können sie nicht untereinander kämpfen und die Seelen der schwächeren Dämonen in ihrer eigenen Welt essen?"
"Das ist das Problem. Sie haben keine Seelen. Aber sie brauchen sie."
"Warum versucht Chakrahate nicht, meine Seele zu fressen?"
"Weil sie magisch versklavt wurde. Aber wir geben ihr dennoch Nahrung. Meistens Sklaven, die zu schwach geworden sind, uns noch anders dienlich zu sein. Um bei dem Gleichnis von vorhin zu bleiben. Der Zauber sendet gewissermaßen ein Lockmittel, sozusagen den Duft einer Steinpilzsuppe in den Abyss, zu einer Marilith. Und sie versteht, dass sie, wenn sie der Lockung folgt, in die Materielle Ebene gelangen, sich hier materialisieren, eine stoffliche Form annehmen kann. Die Marilith folgt der Verlockung... und dann schlägt die Falle zu. Sie erhält zwar einen Körper, aber ist eingekerkert innerhalb eines magisch geschaffenen Gefängnisses, das sich in diesem Herbeirufungsdiagramm aufbaut. Und dann.... beginnen die Verhandlungen."
"Verhandlungen?"
"Ich zwinge ihr einen Dienst auf und füge ihr ein magisches Mal auf. Sie muss meinen Auftrag ausführen, wenn sie eingewilligt hat."
"Und wenn sie nicht einwilligt?"
"Dann bleibt sie hier eingekerkert, bis sie es tut."
"Kann sie nicht einfach zurück in den Abyss?"
"Doch, aber das kann ich mit einem Dimensionsanker verhindern. Sie ist mir ausgeliefert. Und sie wird einwilligen."
"Ich will dabei sein. Ich will zusehen."
"Nau. Das ist zu gefährlich."
"Wieso?"
"Sie wird jede Schwäche nutzen, die sie zu entdecken meint. Und wenn sie.. freikommt, die Falle überwindet.. wird sie jeden töten, den sie findet."
"Dann... ruf sie nicht, wenn es so gefährlich ist."
"Die Wünsche der Ilharess sind mir Befehl. Ich bin nur ein Mann, ein gläubiger Diener Lolths. Es ist meine Aufgabe, ihre Wünsche zu erfüllen."
"Und was ist mit meinen Wünschen?"
Das entlockte dem Nekromanten ein Lächeln und er streichelte das junge Mädchen sanft durch ihr Haar.
"Wenn du irgendwann einmal Ilharess wirst, werden deine Wünsche mein oberster Maßstab sein."
Mayiira'myrace lächelte zurück. Das war es. In der Tat. Sie würde aufsteigen. Sie würde ihren Vater besitzen. Dann wird er ihre Wünsche erfüllen. Sie muss nur besser sein als alle anderen. Und dann würden sie zusammen jeden Tag einen Sklaven aufschneiden und Vater würde ihr erklären, wofür welche Körperteile da sind. Das wird so schön.
Aber da betrat 'er' wieder den Raum. Xanim, der Widerling. Warum taucht er immer auf, wenn es gerade schön ist? Warum kann er nicht einfach sterben? So viele männliche Dunkelelfen sind hier doch schon durch Unfälle oder Bestrafungen gestorben, warum er nicht, warum lebte er noch? Er machte immer die schönsten Momente kaputt. Als würde er ihren Hass spüren, lächelte er zu ihr, sein ekelhaftes Lächeln. Wie konnte er es wagen? Er sollte sie nicht so anlächeln. Ihr Vater durfte das. Sonst niemand. Ein solches auf sie gerichtetes Lächeln durfte nur von ihrem Vater kommen. So anmaßend. Sie hasste ihn. Sie hasste ihn so sehr. Ein Gefühl, das von Xanim erwidert wurde, aber das durfte, konnte er natürlich nicht zeigen.
Auch der Nekromant, der Vater von Mayiira'myrace, wirkte nicht begeistert.
"Vendui. Was genau tust du hier? Ich habe wichtige Dinge zu tun. Ich will nicht gestört werden."
"Xas, xas, xas.. aber die Yathallar wünschte, dass ich deine Fortschritte überwache. Nicht, dass du... einen Fehler machst... und am Ende eine Marilith Amok läuft in Haus Kilrae. Und wer bin ich, die Wünsche der Yathallar zu... missachten?"
Die schleimige Art und Weise mit der er sprach, wurde von Mayiira'myrace mit einem hörbaren Schnaufen quittiert, während ihr Vater nur eine Braue hob. Doch er konnte kaum den Wünschen der Yathallar widersprechen und selbst Xanim würde es nicht wagen, dies nur vorzugeben. Er war also wirklich von ihr beauftragt worden. Und er musste sich innerlich auch eingestehen, dass es nicht ganz unvernünftig war, wenn ein weiterer Faern diesen gefährlichen Prozess überwachte. Aber auch das wollte er nicht sagen.
"Meinetwegen. Aber sei still und störe mich nicht."
"Natürlich nicht, Jabbuk..."
Der Nekromant wandte sich an Mayiira'myrace, legte ihr die Hände auf die Schultern, eine fast... fürsorgliche Geste. Aber er machte sich auch keine Illusionen. Er wusste, dass die Beschwörung gefährlich war. Es war sein Wunsch, dass seine kleine Mayiira ihn gut in Erinnerung behielt, sollte... es schief gehen. Das war auch einer der Gründe, warum er sie nicht dabei haben wollte. Neben der Tatsache, dass selbst für dunkelelfische Kinder die Beschwörung eines Dämons zu gefährlich ist. Und der Tatsache, dass der Dämon natürlich versuchen würde, Mayiira zu manipulieren. Aber der Nekromant hatte noch eine andere Sorge - der Dämon würde jede Schwäche nutzen. Und des Nekromanten größte Schwäche war, wie er sich eingestehen musste... seine Tochter.
"Geh jetzt hinaus, Mayiira."
"Aber... ich will... zusehen."
"Die permanente Energiewand, die den Beobachtungsbereich von dem Beschwörungsbereich trennt, ist von dieser Seite aus durch den Zauber des Sicheren Refugiums geschwärzt, aber von der anderen Seite aus transparent. Du wirst von dort aus alles sehen können. Aber falls... etwas schief gehen sollte, verlass den Beobachtungsbereich durch die Fluchttüre, eile zu Chakrahate und sag ihr, was passiert ist."
Das Mädchen schnaufte verärgert.
"Na gut. Wenn du es wünscht."
"Wunderbar. Wir reden später."
Es würde kein später geben. Aber das wussten beide noch nicht.
Das Mädchen ging in den Beobachtungsbereich und als die Türe sich hinter ihr verschloss - sich sogar magisch so versiegelte, dass sie nicht zurück zu Vater rennen konnte, wanderte ein Schauder über ihren Rücken. Rasch eilte sie zu der Energiewand und sah hindurch. Beobachtete neugierig... und angespannt, was geschah.
Der Nekromant rollte die teure Schriftrolle ab, wirkte hochkonzentriert, während Xanim eingehend das Herbeirufungsdiagramm studierte. Der Nekromant verschwendete keine überflüssigen Gedanken daran, es war immerhin logisch, dass Xanim sich das Diagramm genau studierte, um einen Fehler zu finden. Zum einen aus Sicherheitsgründen, zum anderen weil die Yathallar dann einen Vorwand hätte, den Nekromanten zu bestrafen. Vielleicht hätte der Nekromant vorsichtiger sein sollen. Aber er hatte sich nun vor allem auf die Verhandlung mit dem Dämon zu konzentrieren. Zumindest dachte er das. Er lass den äußerst mächtigen Zauber des achten Grades von der Schriftrolle ab, die daraufhin zerfiel. Die magische Falle entstand so wie geplant genau vor seinen Füssen. Eine weitere, komplexe, magische Zeichnung ergänzte das Diagramm. Dann erzitterten die Ebenen, als dem Lockruf gefolgt wurde.
Als die Dämonin kam. Sie entstand aus dem Nichts, ihr stofflicher Körper formte sich und war weitaus entsetzlicher als alle Beschreibungen es hätten ausdrücken können. Der Nekromant weitete die Augen, selbst Xanim war schockiert und Mayiira'myraces Gesicht nahm eine leicht gräuliche Färbung an. Das war also eine Marilith. Ein entsetzliches Monster, das man.. in seiner wahren Gestalt... kaum beschreiben konnte. Und dennoch war der weibliche, humanoide Oberleib von so... enormer, unwirklicher Schönheit... dass Mayiira'myrace nun verstand. Dämonen werden aus Gedanken geformt. Aus Träumen. Aus Alpträumen. Aus Wunschträumen. Aus Phobien. Aus Gelüsten. Die Angst vor Schlangen gemischt mit sexuellen Fantasien einer wunderschönen Frau. Dämonen sind, was passiert, wenn aus Fantasien Realität wird.
Und dann... Xanim... lachte... mit einem Mal. Er wischte mit seinem Fuß eines der wichtigsten Elemente des Diagramms hinweg, er hatte es zuvor genau studiert. Das Diagramm zerfiel und von der Wucht dieses Zerfalls auseinandergerissen brach auch die magische Falle selbst in sich zusammen. Mayiira'myrace schrie. Warum? Warum? Warum? Nau! Nau! Nau! Und die Dämonin blickte sich etwas.. verwirrt um, doch dann hinterfragte sie die Situation schon nicht länger. Sie reagierte, bevor der Nekromant den ersten Schock überwinden und eine Gegenmaßnahme treffen konnte. Ihre mächtigen Klingen fuhren hinab. Der Nekromant blickte... ungläubig zu Xanim.
"Du Narr... sie wird uns BEIDE töten." waren die letzten Worte des Nekromanten.
Dann wurde sein Körper von der befreiten Dämonin mit ihren sechs Schwertern vernichtet. Und Mayiira'myrace... schrie.
"Ich will dir die Wahrheit sagen. Ihr Menschen habt gar keine Angst vor dem Teufel. Ihr hofft und wollt, dass es ihn gibt. Denn gäbe es ihn nicht, dann... wäret ihr ganz alleine selbst für all das hier verantwortlich? Kriege, Morde, Vergewaltigungen. Das wäret dann alles ihr selbst, nicht wahr? Ihr wollt einen Bösewicht, weil dann alles ganz einfach ist. Töte den Bösewicht, vernichte das Böse. Wäre es nicht schön, wenn es einen Meisterplan gäbe? Wenn alles Schlechte auf der Welt irgendeinem Algorithmus folgt, wenn es Teil eines Puzzles wäre, das man lösen könnte? Doch was, wenn das gar nicht der Fall ist? Was, wenn viele Menschen nur das tun, was für sie gerade besser ist, ohne auf die Konsequenzen zu achten? Was, wenn viele Menschen die unter dem Egoismus anderer leiden, irgendwann irgendein Ventil suchen, Fanatismus, Rassismus, Amoklauf? Was, wenn viele Menschen überzeugt sind, das Richtige zu tun und alle, die etwas anderes tun, als Diener des Bösen brandmarken? Dann hätten wir einen kollektiven Wahnsinn, ein Karussell der Gewalt, das sich unaufhörlich dreht und völlig willkürlich alles zerfetzt, nicht wahr? Ihr braucht keinen Teufel. Ihr seid euer eigener."