[Lueith] Tinu Staci...
 
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[Lueith] Tinu Stacia

Lyraee
(@lyraee)
Magisches Geschoss Spieler

"Lueith! Nun komm schon, wir wollen weiter!" die Elfe mit dem blonden Haar, genannt Myesal, lachte und sah über die Schulter zu ihr zurück. "Du setzt ja schon Moos an!"
Die kleine, weißhaarige Elfe hob den Kopf. Bis eben hatte sie mit einem faszinierten Funkeln in den smaragdgrünen Augen einen Schmetterling beobachtet, der ganz vertrauensvoll auf dem Griff ihres Schwertes gelandet war und die Flügel auf und zuklappte womit er seine wunderschöne blau, schwarz und gelbe Zeichnung zeigte, die ihn zusammen mit der charakteristischen Form seiner Flügel als Schwalbenschwanz auswies.
Er flatterte davon als sie zum Antworten die Stimme erhob. "Komme schon!"
Mit raschen, leichtfüßigen Schritten hatte sie zu den anderen aufgeholt. Arvandel warf ihr einen kurzen Blick zu und nickte. Der ernste, schwarzhaarige Elf war der Anführer ihrer kleinen Gruppe, die sich Nai'bael'isar nannte. Sucher der Eichenwächter.
Immer an seiner Seite die kühne und temperamentvolle Veraera, seine Gefährtin die ein wildes Gemisch aus Schmuck, Leder und farbigen Tüchern trug, die sich mit blitzenden schwarz ummalten Augen umsah und mehr durch den Wald tänzelte als schritt.
"Heute treffen wir Turlang den Baumhirten!" verkündete Arvandel mit Gewissheit in der Stimme. "Wenn wir alt und grau sind hat der Hochwald Immerlund verschlungen, denn Turlang setzt die Baumpflänzchen immer weiter nach Norden! Darum… sollten wir uns besser schon heute mit ihm anfreunden!"
"Ava, ava…" Feranis verdrehte die Augen und grinste. "Jedes Mal erzählst du uns dasselbe – und noch nie haben wir ihn getroffen. Das werden wir auch heute nicht."
Wie sie alle, war auch Feranis noch ein junger Elf inmitten seiner Beryn Fin. Wie üblich trug er ein überhebliches, unverschämtes Grinsen auf den Lippen.
"Und wer hat dir diese Eingebung gegeben, dass du das behauptest? Du kannst ja zurückgehen, wenn es dir nicht passt, Feranis."
Natürlich würde er nicht zurück nach Immerlund gehen.
Sie alle liebten ihre Ausflüge. Sie liebten den Nervenkitzel, die Jagd, das Herumstromern – die Freiheit.
Wenn sie auf eine ihrer unzähligen Touren aufbrachen blieben sie meist mehrere Tage, ja gar Zehntage fort. Ihre Wege führten sie oft in den Hochwald oder den Fluss Rauvin entlang, bis hinauf nach Silbrigmond.
Schon mehrmals hatten sie es mit Monstern zu tun, die aus den Nesserbergen im Tal auf Raubzug gehen wollten. Schon mehrmals hatten sich die Nai'bael'isar in Kampf und Fähigkeiten bewähren müssen. Und jedes Mal waren sie erfolgreich gewesen. Bis zum heutigen Tage.

Arvandel, der sich besser auskannte als der Rest führte, spähte und kundschaftete – begleitet von Veraera. Der Rest der Truppe vertraute ihren Fähigkeiten und folgte, sobald diese beiden Zeichen gaben.
In den Abendstunden errichteten sie auf weichem Moos umgeben von schwirrenden Glühwürmchen und dem nächtlichen Rufen der Eulen ihr Lager.
Arvandel und Veraera schmiegten sich aneinander, Myesal kämmte und flocht Lueith das Haar während Fenris an einem Stück Holz herum schnitzte und gruselige Geschichten über die Höllentorfeste erzählte, der sie alle gebannt lauschten.
Bis Arvandel aufhorchte.
"Wer da?!"
Die Gruppe reagierte sofort. Alle rappelten sich auf und sahen sich um.
"Wer ist da?!" rief Arvandel erneut herrisch. "Komm raus!"
"Ja komm raus! Wir haben dich längst bemerkt!" setzte Vaera hinzu.
Er trat hinter einem Baum hervor. Lueith spürte, wie ihr ein Schauder über Nacken und Schultern lief.
Schwarz war er. Eine Gestalt aus völliger Schwärze beschaffen. Nur unter der Kapuze schimmerte helles Haar.
"Dhaerow!" schrie Fenris auf.
Die Nai'bael'isar wichen instinktiv zurück, die Hände flogen zu den Schwertgriffen.
Gemächlich und unbeeindruckt kam der Drow näher.
"Wer von euch ist Lueith?" fragte er in der Gemeinsprache und verzog das Gesicht. Er war groß - für einen Drow geradezu riesenhaft. Hager wie ein Skelett waren die Gesichtszüge eingefallen, die Augen obgleich sie glutrot waren, schienen wässrig und dumpf. Er erwirkte den Eindruck eines dunkelelfischen Gespensts.
Keiner der Nai'bael'isar sprach ein Wort. Myesal schob sich einen Schritt vor Lueith.
Der Drow zog bedrohlich den Mund in die Breite zu einem widerwärtigen Grinsen.
"Aha. Du bist das also. – Also ihr anderen hört zu… ich lasse euch die Wahl und ihr könnt machen was ihr wollt. Mir ist es gleich, wisst ihr? Mir ist es gleich ob ihr lebt oder sterbt… also lasse ich euch die Wahl. Ihr gebt mir die Weißhaarige und dafür bleibt ihr am Leben."
Wie auf Kommando zogen sie alle die Waffen.
"Niemals!" rief Veraera und fauchte wie eine Wildkatze.
"Wir wissen, dass ihr Drow keinem etwas schenkt! Wir wissen, dass du uns nachschleichen und auf eine Gelegenheit warten wirst um einem nach dem anderen das Messer in den Rücken zu stoßen! Wir kämpfen!"
"Kämpfen…" sagte der Drow und schaute sich nach den Seiten um, dann hob er das Schwert. "Ich bezweifle, dass das hier ein Kampf wird. Ein Tänzchen vielleicht. Aber wenn ihr tanzen wollt. Na schön… dann verreckt."
Sie sprangen aufeinander los wie wütende Hunde. Blitzschnell und ohne Warnung. Klingen sausten durch die Luft und erfüllten den Wald mit dem klagenden Klirren von Stahl.
Die Nai'bael'isar wichen zurück, schlugen zu, sprangen wieder hinfort und wieder voran. Wütend, verbissen, gnadenlos. Und erfolglos.

Der Drow parierte, schlug, parierte, schlug, kam nicht einmal außer Atem, während er die Gruppe bedrängte und mühelos das Tempo vorgab.
Anfangs war nur das Schlagen der Schwerter zu hören doch dann plötzlich und unerwartet, begannen die Elfen zu schreien. Und zu sterben.
Veraera fiel als erste. Am Hals getroffen stürzte sie auf den Erdboden, rollte sich zum Sterben wie ein Kätzchen zusammen. Das Blut spritzte und besudelte Knie und Waden des über sie hinwegschreitenden Drow. Fenris fiel als nächster, prallte mit dem Rücken gegen einen Baumstamm und sackte zu Boden, wo er zur Seite hin umstürzte und liegen blieb.
Myesal, Arvandel und Lueiths Angriffe schlug der Drow ebenfalls zurück, worauf er herumwirbelte und mit einem blitzschnellen Hieb Myesal aufschlitzte.
Arvandel und Lue zögerten einen Augenblick. Dann schrien sie auf, wie mit einer Stimme, wild, wütend und verzweifelt und stürzten sich erneut auf ihn.
Arvandel fand nur einen Schwertstreich später den Tod.
Myesal, die im blutigen Erdboden nach dem Schwert suchte röchelte und kam hoch. Blut floss ihr aus dem Mund und wie ein Sturzbach aus dem Bauch. Beides schien sie gar nicht zu bemerken.
Lueith schrie verzweifelt auf.
"Neh! Myesal!"
Doch der dunkle Elf beachtete ihren Schrei nicht. Beachtete sie nicht und ihr Schwert, das sie zitternd erhoben hatte.
Wuchtvoll schlug er erneut quer über Myesals Oberkörper. Sie schleuderte herum, weich wie ein Stoffpüppchen, wie ein mit Blut beschmierter Lumpen fiel sie zu Boden.
Der Schrei erstarb Lueith in der Kehle.
"Mörder" sagte tonlos und wunderte sich über die Fremdartigkeit ihrer Stimme. "Mörder. Dreckskerl."
Der Drow wandte sich ihr endlich zu und betrachtete sie neugierig, mit leicht schräg gelegten Kopf.
Die Mordlust, der Blutdurst blitzte in seinen kalten, toten Augen.
"Und? Kommst du nun auch um zu sterben?"
Sie bewegte sich im Halbkreis auf ihn zu. Ließ die Klinge surrend die Luft schneiden.
Er lachte kalt. "Du willst also sterben? Hast du keine Angst?"
Der Drow drehte sich ruhig mit ihren Bewegungen mit, ließ sich in keine Defensive und in keine Falle locken. Doch Lueith war alles gleich. Sie wollte dieses schreckliche Monster töten. Sie wollte spüren, wie ihre Klinge durch seinen Körper drang. Sie wollte sein Blut sehen, das ihm aus geschlagenen Wunden floss. Wollte sehen, wie das Leben aus dieser widerwärtigen Kreatur wich, so dass nichts übrig blieb von seiner Bosheit, außer ein Klumpen Fleisch und Blut.

Schnell schlugen die Schwerter aufeinander. Zu schnell um die Schläge zählen zu können – sei es mit dem Auge, sei es mit dem Ohr. Doch es gab keine Zeugen dieses Aufeinandertreffens, die etwas solches hätten versuchen können.

Sie wollten sich töten. Die Mondelfe und der Drow. Und doch kam es nicht dazu.

"Du verstehst wirklich mit diesem Schwert umzugehen, kleine Elfe."
Er spuckte Blut aus und grinste hämisch.
Lueith hatte begriffen, mit wem sie es zu tun hatte. Sie verstand mit dem Schwert umzugehen – doch das reichte nicht.
Sie musste seine Paraden durchdringen. Musste ihn treffen. Durfte nicht zulassen, dass er mit seinen abwehrenden, kraftvollen Hieben erneut Handgelenk, Ellenbogen und Unterarm mit Schmerz lähmte.
Sie durfte auch keine Kraft mehr darauf verschwenden, seinen Schlägen auszuweichen. Seine Deckung durchdringen. Jetzt. Ihn treffen richtig, tödlich oder…
"Du wirst sterben, kleines Elfenbiest."
Sie durchbrach seine Deckung nicht. Er wich aus, sie stolperte an ihm vorbei. Die Arme lahm, die Beine erschöpft und ihr Kopf fühlte sich taub an. Mit ihren Kräften war sie am Ende.
Er versetzte ihr einen saftigen Tritt gegen die Seite. Sie flog unsanft zu Boden, neben Veraeras reglosen zusammengerollten Leib.
Lueith schluchzte auf, wollte sich aber aufstemmen. Erneut ein Tritt in den Magen der ihr die Luft aus den Lungen presste. Stöhnend rollte sie zur Seite.
Präzise rammte er seinen Stiefelhacken auf ihren Ellenbogen, dass es knirschte.
Sie krümmte sich vor Schmerz, wimmerte und ließ das Schwert los.
Ein paar Mal trat er noch. Dann packte er ihre Hände, wand ein Seil darum und verknotete es mit routinierten, schnellen Fingern und legte ihr, sie nahm alles nur noch durch einen dichten Nebel wahr, wie einer Hündin ein Halsband um.

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Themenersteller Verfasst : 12. Februar 2024 13:07
Lyraee
(@lyraee)
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"Zieh dich aus" sagte er. Lue weitete die Augen, rührte sich aber nicht. "Mani? Was?"
"Zieh dich aus!" wiederholte er in einem scharfen Tonfall, sodass die Elfe sich instinktiv duckte. Doch sofort obsiegte die Auflehnung. "Nein!"
Sie sah die Faust nicht kommen, die sie hart an der Schläfe traf. Es blitzte in den Augen und der Erdboden begann zu wanken, bis er sie wieder hart an der Hüfte traf.
Die Hälfte ihres Gesichts und das Ohr brannten und sie erkannte, dass er mit dem Handrücken, nicht mit der Faust zugeschlagen hatte.
Er stand hinter ihr, als sie sich wieder aufrappeln wollte und riss ihr harsch an den Haaren den Kopf zurück – hielt ihr ein kleines, bösartig schartiges Messer vor die Augen.
"Wenn ich von dir noch einmal das Wort nein höre schneide ich dir die Ohren ab und werde dich so zurichten, dass dich deine eigene Mutter nicht wiedererkennen würde, haben wir uns verstanden? Und jetzt steh auf und zieh dich aus."
Unsicher kam sie auf die Beine und mit zittrigen Fingern begann sie Schnallen, Riemen und Knöpfe zu öffnen.
"Zieh alles aus, bis auf den letzten Fetzen. Und dann mach die Beine breit."

Ich bin nicht hier. Alles was nun geschieht, passiert nicht mir. Es geht mich nichts an. Ich bin nicht hier…

Der Drow beobachtete sie dabei, musterte sie gleichgültig, ließ den Blick über ihre nackte Gestalt schweifen. Dann sah er wieder in ihr Gesicht.
"Ich will sehen ob du irgendwelche magischen Amulette, Ringe oder Ketten versteckt hältst, nicht ob mir dein erbärmlicher Körper gefällt, du Idiotin. Hältst du dich für so unwiderstehlich? Ich weiß ja nicht, was du dir einbildest aber tut mir leid dich enttäuschen zu müssen. Du bist eine elfische Halbwüchsige. Flach wie ein Brett, schwach und noch dazu hässlich wie ein Slaad. Selbst wenn ich es sehr nötig hätte, würde ich lieber ein totes Rothé vögeln."
Mit der Stiefelspitze zog er ihre Kleidung und Rüstung auseinander und prüfte alles sehr aufmerksam während Lue stumpf zu Boden blickte.
Nach einer Weile sagte er dann:
"Zieh dich wieder an."
Unbeholfen mit den gefesselten Händen streifte sie sich ihre Sachen über. Als sie sich bückte um die Stiefel zu schnüren, fiel ihr Blick auf ihre gefallenen Gefährten.

Arvandel, Veraera, Feranis, Myesal… Meinetwegen. Sie sind meinetwegen gestorben…. Nicht weinen. Nicht weinen!

Mit einem Mal packte er sie unerwartet am Genick und drückte sie hinunter zu Myesals aufgeschlitzter Gestalt. Sie schrie auf, wehrte sich mit ganzer verbliebener Kraft, bäumte sich unter seinem Griff. Doch es half alles nichts. Sie entkam ihm nicht. Mit seinem Messer das ihm als Zeigestock diente zischte er dicht an ihrem Ohr:
"Ja genau. Sieh sie dir an, deine toten Gefährten. Hässlich, nicht wahr? Gar nicht so, wie sie ausgesehen haben als sie noch lebten. So stolz und erhaben… aber jetzt? Sieh sie dir jetzt an! Aufgerissene Augen, verdrehte Gliedmaßen. Und schau, das sind Innereien die sich nach außen stülpen. Und Blut. Blut, das noch ein wenig nachfließt, solange das Herz noch ein kleines bisschen schlägt. So wie bei deiner Freundin hier… liegt in ihrem eigenem Blut und ihrer eigenen Pisse und so stirbt man dann. Sterben ist nichts Mystisches oder Schönes und schon gar nichts Würdevolles..."
Der Drow lachte, ließ sie los wobei Lue auf Knie und Hände fiel, sich erbrach und trocken schluchzte.
"So sieht der Tod aus und ihr Tod heißt Xulzyne!"

Nie kam ihr der Hochwald so grausam, so erschreckend, so abscheulich vor. Er schlug sie noch zweimal. Doch Lue hatte sich in sich zurückgezogen, tief in die Mitte ihres Ichs, sodass weder seine Schläge noch die Demütigungen an sie herankommen konnten. Denn das alles geschah nur einer Puppe. Es war auch eine Puppe die er an Halsband und Kette durch den Hochwald führte, wo er mit ihr in einer Felsspalte verschwand und sie mit hinab nahm. Weit hinab. Ins Dunkel – wo es keine Sonne gab. Auf diese Puppe sah sie gleichsam von oben herab. Was bedeutete es schon, wenn man eine Puppe schlug und ins Dunkel warf? Das war ja nicht sie.

Der Duergar Thangardth musterte sie neugierig. Er war Schwertschmied – hielt aber keinen Hammer, keine Zange oder sonst irgendein Werkzeug in der Hand sondern eine Feder. Mit dem Schaft der Feder klopfte er gegen das Tintenfässchen auf dem Steintisch.
"Eine Waffe für sie? Wenn ich dir einen Rat geben darf: Es ist nie schlau den Sklaven Schwerter in die Hand zu geben Xulzyne. Sie ist hübsch – und eine Elfe noch dazu. Bring sie zur Auktion und du bekommst sicher ein nettes Sümmchen für sie! Für schwere Arbeiten taugt sie sicher nicht – aber der eine oder andere wüsste schon was mit ihr anzufangen."
Der schwarze Zwerg lachte grollend.
"Ich komme nicht her um kluge Ratschläge anzuhören. Ich warne dich, Duergar…" unterbrach Xulzyne schlecht gelaunt.
"Aber ich hätte da noch eine wunderbare Neunschwänzige für dich. Verstärktes Leder - Obsidiandornen. Ein Schmuckstück! Damit wirst du ihr Gehorsam beibringen, wenn du sie ihr nur zeigst, das schwör ich dir!"
"Ich interessiere mich nicht für eine Peitsche" sagte Xulzyne trocken. "Soll ich mich besser woanders umsehen? Oder hast du ein anständiges Eisen für sie?"
"Ich verkaufe nichts anderes als anständiges Eisen! Nun gut. Wollen mal sehen… zeig mir doch mal dein Händchen!" wandte er sich erstmals an Lue. Sie öffnete ihre Hand.
"Klein und fein. Ein Florett vielleicht… oder ein leichtes Langschwert. Ich habe hier ein Rapier mit einem wunderbar gearbeiteten Korb aus Gold. Nichts Grobes! Feinste Arbeit der…"
"Es geht nicht ums Schmuckwerk. Das Schwert soll für den Kampf sein."
Der Duergar blickte knapp und missbilligend zu dem Drow. Weit weniger begeistert und sachlich fuhr er fort:
"Für ihre Größe und ihr Gewicht braucht man eine besonders leichte Ausführung. Kein Standard. Für den Kampf also. Habe verstanden. Hrmn. Ich habe da etwas. Folgt mir."
Sie gingen durch den Büroraum und kamen auf einen Hinterhof. Dort stand Schmiede und Esse und mehrere Tische auf denen auf Seidentüchern gebettet die verschiedensten Waffen aufgebahrt waren.
"Das hier ist meine Auslage. Alles aus meiner Schmiede. Diese dort drüben sind Importe. Menschenwaffen, Elfenwaffen, Hinwaffen..." er zögerte und ging dann hinüber. Xulzyne folgte – und Lue an der Kette mit ihm.
"Hier haben wir einen Zweihänder von der Oberfläche. Gutes Erz aus dem Gebirge des Grats der Welt. Parierhaken, 38 Zoll Klingenlänge. Besonders leicht…"
"Nimm ihn in die Hand. Probier ihn aus." Xulzyne schob sie näher zum Tisch.
Da er mittlerweile davon absah, ihre Hände zusammengefesselt zu halten, nahm sie das Schwert, das ihr der Duergar Griff voran entgegenhielt.
Sie spürte sofort, wie ihre Hand mit dem ledernen Griff verschmolz und das Gewicht dazu einlud auszuholen und zuzuschlagen. Böse funkelnd sah sie zu dem Drow.
Xulzyne lächelte gespenstisch, löste die Kette von ihrem Hals, trat einige Schritte zurück und zog seine geschwärzte Klinge – dann breitete er die Arme.
"Komm her, Elfchen. Das ist deine Chance. Vielleicht deine letzte. Komm her und nutze sie. Töte mich, wenn du es kannst."
Wie der Blitz war sie bei ihm, wie der Teufel schlug sie los. Ein irreführender Seitenblick, ein falsch angetäuschtes Zucken der Schulter – doch er ließ sich nicht täuschen.
Ohrenbetäubend schlugen die Klingen aufeinander. Seine Parade war so wuchtvoll, dass sie zurücktaumelte und um ein Haar im Tisch mit den Schwertern gelandet wäre. Beim Versuch das Gleichgewicht wieder zu erlangen, hätte sie der Drow mit einem Wimpernschlag durchbohren können.
"Seid ihr denn verrückt geworden?!" erhob der Waffenschmied wütend die Stimme.
"Leg das Schwert weg" unverwandt blickte Xulzyne auf Lue. "Leg es weg."
Nach kurzem Zögern tat sie es.
"Besonders leicht ist immer noch zu schwer, Thangardth. Hast du gesehen wie langsam sie war? Langsam wie ein schwangere Ziege aus den Bergen des Grats der Welt!"
Das Gesicht des Duergars wurde um eine Schattierung dunkler. Er winkte Lue mit sich.
"Schau, Elfenkind. Versuch das hier."
Sie zog das Schwert aus der Scheide und seufzte. Selbst Xulzyne raunte anerkennend. Elfische Machart, kein Zweifel. Leicht und scharf wie ein Rasiermesser, schlanke Klinge, langer Griff – aber ein Bidenhänder.
Lueith hielt es in der Hand und blickte zu Xylzyne. Grünes Feuer flammte in ihren Augen. Das Schwert in der Hand verlieh ihr diesmal unerschütterliche Gewissheit. Sie war bereit. Sie würde ihn töten.
Er aber starrte sie mit glutroten, unheimlichen Augen an und mit einem Mal sagte er zum Duergar:
"Nimm es ihr ab, Thangadth. Wir kaufen es. Ja, das ist die richtige Waffe für sie."

 

++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++

"Alles weist darauf hin, dass eure Tochter nicht mehr lebt, Rätin Calathaviel… Sie ist höchstwahrscheinlich wie ihre Gefährten auch vor zwei Tagen, zur Herbst Tagundnachtgleiche, zu Tode gekommen. Ich bedaure zutiefst euch keine andere Neuigkeit bringen zu können, Herrin."
Das Gesicht der schönen Elfe wurde hart wie Stein. Rätselhaft und nichtssagend wie eine Sphinx. Kalt wie Marmor. Ihre Hand schloss sich um den Schwertgriff, derart fest, dass die Knöchel weiß hervortraten.
"Und doch konnten eure Späher keine Leiche ausfindig machen?"
"Spuren, die westwärts führten, Rätin. Tiefer in den Hochwald. Sie mag geflohen sein, doch es verliert sich ihre Spur…"
"Verliert sich? Das spricht nicht für, eher gegen ihren Tod, Magister Selence. Ihr seid mir sehr voreilig mit euren Schlüssen. Erklärt ihr meine Tochter doch für tot, obgleich es keinen Beweis dafür gibt?"
"Herrin, die vier anderen Jünglinge wurden -"
"Regelrecht massakriert. Ich weiß. Und doch ist meine Tochter nicht gleichsam Opfer dieses Gemetzels geworden. Vielleicht war sie nicht im Lager, als sie angegriffen wurden? Oder konnte fliehen und versteckt sich nun irgendwo in den Tiefen des Hochwaldes?"
"Herrin?"
"Sie lebt, Magister."

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Themenersteller Verfasst : 12. Februar 2024 15:50
Lyraee
(@lyraee)
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Es war verteufelt dunkel, drückende Schwüle herrschte und es roch merkwürdig. Es gab einfach nichts, das sie kannte mit dem Lueith das hier unten hätte vergleichen können.
Kein Lüftchen regte sich, das der Schwüle hätte Milderung verschaffen können.
Sie vermisste einmal mehr schmerzlich den Wind. Sie vermisste den Himmel, das Licht, die Sonne, den Mond, die Sterne. Und Wasser – oh, Wasser - in all seinen lebendigen Formen. Regen, Bäche, Flüsschen, kühle Seen.
Hier unten war trinkbares Wasser Mangelware, das hatte sie schnell begriffen.
Tagelang saß sie auf dem Trockenen, bis er sie wieder an eine Felswand führte, wo sie tröpfchenweise das kostbare Nass ablecken musste.

Wie lange war sie nun schon in der Gefangenschaft dieses Drow? Zehntage? Monde? Nach nur wenigen Tagen hatte sie völlig die Zeit und schon weit früher die Orientierung verloren. Xulzyne führte sie durch die dunklen Gänge, Höhlen und Schächte ohne große Mühe, ohne viel Worte und ohne viel Beachtung. Doch er hielt sie die ganze Zeit an der Kette am Halsband fest. Die ganze Zeit.
Oft genug riss er harsch daran und stauchte sie zusammen, schimpfte sie eine unvorsichtige, unwissende Idiotin – und Schlimmeres - wenn sie zu nah an völlig unscheinbar wirkenden Pilzen, Pflanzen oder Felsformationen vorüberging. Und so erweckte es dein Eindruck, dass nahezu alles hier unten gefährlich, giftig und tödlich war.
Meist demonstrierte der Drow ihr dann was das entsprechende Ding so gefährlich machte – und tatsächlich! Es war alles hier unten gefährlich, giftig und tödlich.
Sie wusste, warum er sie nah genug an die Gefahren heranführte um sie ihr dann vor Augen zu führen. Er wollte ihr zeigen, dass sie hier keine Stundenkerze alleine überleben würde. Dass jeder Fluchtversuch unweigerlich mit dem Tod enden würde. Er aber kannte sich aus.
Sie käme hier nicht mehr lebend heraus. Nie wieder. Nicht ohne ihn.

Den Außenposten, wo sie auch das Schwert gekauft hatten, lag längst hinter ihnen. Er schien es eilig zu haben, die Oberfläche, den Hochwald, ihre Heimat, hinter sich zu lassen. Noch immer verstand sie seine Motive nicht, wusste nicht was er mit ihr vor hatte. Wem oder was würde er sie ausliefern?

Sie stöhnte, als er sie hinter sich her zog. Die Hüfte, in die er sie tags zuvor getreten hatte, schmerzte. Er riss an der Kette ihres Halsbandes und zerrte sie in eine Nische. Abnorm große Spinnweben hingen in klebrigen Fetzen an den Felswänden und verfingen sich in ihrem Haar. Lue schüttelte sich.
"Sei still!" herrschte er sie an. Sie war still und lauschte angespannt. Blinzelte ins Dunkel und versuchte zu erahnen, was Xulzyne bemerkt hatte.
Der Gestank des Todes hing hier in der Luft vermischt mit einer beißenden, ekelerregenden Ausdünstung. Dann hörte sie leise, kehlige und quietschende Stimmen und die Klänge einer vertrauten Sprache. Sie verstand den Inhalt nicht, wusste aber was dort gesprochen wurde.
Goblinisch.
Er hob die Hand und zeigte zwei Finger.
Warum zögerte er? Wenn sie ihnen im Weg standen, wäre es für einen Drow kein Problem sie zu vertreiben. Selbst Lue konnte sich gegen eine Hand voll stinkender Goblins allemal behaupten.
Er löste sie Kette von ihrem Halsband und drückte ihr das für sie gekaufte Schwert gegen die Brust.
"Ich soll gegen diese Goblins kämpfen?"
"Goblins…" wiederholte er mit eine heimtückischen Grinsen.
"Merk dir, was du jetzt lernst." Mit diesen Worten stieß er sie unsanft zurück in den Gang, der in eine kleine Höhle mündete.
Mit Grausen realisierte Lueith, dass sie die Goblins bei ihrer Mahlzeit gestört hatte und diese Mahlzeit aus dem zerfetzten Fleisch- und Blutgebilde bestand, das mutmaßlich einst ein humanoides Wesen war.
Die beiden wandten der Elfe ihre Fratzen zu. Blut verschmierte Münder und Gedärm in den bloßen Händen. Die Goblins knurrten, bleckten die Zähne, die unnatürlich lang und spitz waren. Lue wich zurück. Derartiger Hass, derartige Fremdartigkeit war Lue noch nie begegnet – und ganz gewiss nicht bei gewöhnlichen Goblins. Sie sah sich nach dem Drow in der Felsnische um doch Xulzyne war verschwunden. Ihr blieb keine Zeit einen Gedanken darüber zu verschwenden denn die Kreaturen hatten sich in Bewegung gesetzt.
Auf allen Vieren rannte erst die Eine los und in weiten Sätzen auf sie zu. Die Zweite folgte auf dem Fuße. Zwei, dreimal berührten ihre Hände den Stein, dann waren es keine Hände mehr sondern große, krallenbewährte Pfoten. Die Augen glühten vor bösem, krankhaftem Willen grellorange auf.
Lue überwand schnell ihre Überraschung und den Drang Hals über Kopf davon zu rennen. Sie kontrollierte den Griff des Schwertes, ging in Positur. Dann waren die Wölfe schon bei ihr. Sie sprang zurück und donnernd klappte das gigantische Maul des Ungeheuers nur Zentimeter vor ihrem Gesicht zusammen. Die Elfe drehte sich zur Seite und schlug ohne aus zu holen das Schwert in die Flanke der Bestie. Ein wütendes Heulen rollte durch die Höhle und angestachelt vom Zorn des ersten wagte nun auch das zweite Wesen einen Angriff, nachdem es Lueith bislang nur lauernd im Halbkreis umschleichen wollte. Mit einem Wirbeln erhob die Elfe die Klinge über ihren Kopf und stieß sie der sie anspringenden Wolfskreatur in den empfindlichen Unterbauch. Sie jaulte auf, als schwarzes, finsteres Blut aus der geschlagenen Wunde troff. Doch die Wucht des Sprunges konnte die Elfe nicht mehr kompensieren. Sie stürzte und wurde mehrere Fuß fort geschleudert, wobei ihr die Klinge aus der Hand und über den steinigen Boden glitt.

Das war es. Mein Fehler, ihre Gelegenheit... das wird mein Tod.

Sie sah weder den Hieb, noch die Klinge. Sie hörte nur wie eine der beiden Kreaturen, die geifernd auf sie zuhielten, wie vom Wahnsinn gepackt kreischte und auf die Hinterbeine sackte und die zweite sich zähnefletschend von Lue abwandte. Xulzyne hatte zugeschlagen. Gründlich.
Er wich einem Schlag der Krallen aus, hieb mehrmals zu und ehe das Wesen begriff, trennte ihm der Drow ein Drittel seiner Klaue ab und traf es gegen die Schläfe. Ein Wischen in der Luft, dann war der Drow im Nichts verschwunden und der Wolf schüttelte benommen seinen blutenden Kopf, drehte sich knurrend, humpelnd um sich selbst. Der große Brustkorb pumpte pfeifend Luft. Ein Stich musste die Lunge erwischt haben.
Das zusammengesackte Wesen dicht bei Lue lebte noch und versuchte sich kriechend auf sie zu zu bewegen, bis es mit einem Schwertstich auf den sandigen Boden genagelt wurde und jegliche Regung sofort erstarb.
Auch der zweiten Kreatur wurde mit einem einzelnen letzten Hieb der Garaus gemacht.

Sie vergingen in einem Feuer, das wie aus dem Nichts kam und ebenso verschwand. Begleitet von qualvollem Geschrei und Geheul vieler, zahlloser Stimme in vielen, ebenso zahllosen Sprachen.

Mit einem Tritt beförderte Xulzyne das Schwert aus Lues Reichweite. Leise fluchend stemmte sie sich in die Höhe. Er befestigte die Kette.
"Das waren Barghesten. Infernalische Wölfe aus den neun Höllen. Keine Goblins."
Er spuckte ihr vor die Füße um zu zeigen, was er von Goblins und ihrer Einschätzung hielt.
"Barghesten kommen hier her um sich von Leiber und Seelen derer zu ernähren, die dumm genug sind sie zu unterschätzen. Ich hab deinen Blick gesehen. Den Spott in deinen giftgrünen Augen, du arrogante Schnepfe. Kneift er wegen zwei Goblins? Merk dir eines, Elfchen: Auf dieser Welt gibt sich der betrügerische Anschein sehr oft für die Wahrheit aus. Wer überleben will, lernt besser den Anschein zu durchschauen."

Später bereute Lue es, nicht einfach die Chance der Kettenlosigkeit genutzt zu haben. Blindlings in die Höhlen und Schächte des Unterreichs hinein. Vielleicht wäre sie entkommen? Vielleicht hätte sie das Schicksal begnadigt und sie hätte zurück an die Oberfläche gefunden? Sehr wahrscheinlich aber wäre sie einfach gestorben… sie bereute es dennoch.

 

 

Dieser Beitrag wurde zuletzt geändert vor 11 Monaten 4 mal von Lyraee
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Themenersteller Verfasst : 12. Februar 2024 15:51
Lyraee
(@lyraee)
Magisches Geschoss Spieler

"Was für ein… attraktives… Körperchen. Nicht übel, Xulzyne, nicht übel" die ältere Drow leckte sich die trockenen, dunkelrot bemalten Lippen. "Sie ist nicht besonders hübsch würde ich sagen und sie taugt nicht für Profit in unserem Gewerbe, wenn du mich fragst. Aber sie hat ein angenehmes… Körperchen."
Lueith fuhr herum, stieß die nach ihr ausgestreckte Hand fort und erbleichte vor Wut. Dabei zischte sie wie eine wütende Schlange.
Die jüngere Drow namens Paelinn lachte weich auf, während sich die ältere abermals mit der Zunge über die Lippen fuhr.
"Um es ans Bett zu binden taugt es allemal, das Körperchen – dann wird es auch… zugänglicher. Ob du mir sie wohl verkaufst, Xulzyne?"
"Riskant" sagte Xulzyne leise. "Das ist riskant, mein Elfchen zu reizen, Ivelios. Sie ist rachsüchtig. Also besser nicht anfassen. Nicht anfassen und nicht reizen. Sie steht nicht zum Verkauf."
"Dieses großäugige Kind soll also die versprochen Unterhaltung garantieren?" fragte die Jüngere zweifelnd. Sie war sogar noch größer als Xulzyne und präsentierte ihren wohlgeformten, muskulösen Körper in geradezu provokanter und für Lueith schamloser Art und Weise. Ein paar lederne Riemen bildeten das Herzstück ihres Hemds und bedeckten gerade das Mindeste. Hüftabwärts fiel ein violettes, seidenes Tuch ihre Kehrseite hinab und umspielte ihre Beine. An ihrer rechten Hüfte baumelte eine zusammengerollte Karbatsche. Sie ging im Kreis um Lue herum und betrachtete sie ungeniert aus ihren blutroten Augen heraus. "Xulzyne und du bist dir sicher, dass sie hält was sie verspricht? Sie sieht mir nicht recht kräftig aus. Ich hoffe wirklich, dass du dich in ihr nicht täuschst."
"Hat dich meine Ware jemals enttäuscht, Paelinn?"
"Bisher nicht. Aber seit der letzten Ware ist schon eine kleine Weile ins Land gezogen. Und einmal erkämpftes Vertrauen baut sich hier im Menzoberranzan wie von alleine ab, du weißt doch…? Und ich dachte schon beinahe du wärst tot."
"Paelinn, ich bitte dich. So pessimistisch kenne ich dich gar nicht. Sie wird unterhaltsam sein. Ihr werdet es sehen. Und wenn nicht, dann hetzt du einfach deine Spinnen auf sie. Die sorgten doch bisweilen zuverlässig für Unterhaltung."

Allmählich begann Lueith zu verstehen. Sie verstand nun, was man mit ihr vor hatte. Sie spannte sich an, war entschlossen bei der ersten Möglichkeit die Flucht zu ergreifen. Jedes Risiko dafür in Kauf zu nehmen. Doch sie gaben keine Gelegenheit. Sie bewachten sie gut.

Einige Tage später wurde sie von Xulzyne in die Arena von Menzoberranzan geführt. Diese lag inmitten eines nobel wirkenden Stadtviertels – denn im Vergleich zu dem, was sie von der Stadt kennen gelernt hatte, war es hier ungewohnt sauber. Kein Echsenkot, kein Dreck, kein Gestank und vor allem: keine anderen Spezies als Drow, die man hier auf der Straße antraf.
Das Innere des Gebäudes war zum bersten voll. Die ellipsenförmig angeordneten Sitzreihen waren bis zum letzten Platz gefüllt und bildeten ein Amphitheater ringsum eine ausgehobene Grube, die von einer steinernen Balustrade umsäumt war. Der Gestank und der Lärm waren betäubend. Xulzyne führte sie am Halsband durch die Massen. Sie spürte einen Ruck an der Kette, Xulzyne griff sie unter den Achseln und unversehens befand sie sich auf dem sandigen, hartgetretenen Boden der Arena. Er warf ihr das Schwert nach, sodass es im Boden stecken blieb.
Das Gebrüll der Menge schwoll an. Sie sah, wie Xulzyne mit den beiden Drowfrauen den Platz in einer Loge einnahm. Lueith hielt sich die empfindlichen Ohren zu als laut und unerwartet ein Gong geschlagen wurde.
Das Getöse wurde unerträglich.
Lue sah das dunkle, trockene Blut an den Balken, die den Rand der Arena begrenzten. Sie sah das vergitterte Loch in deren Mitte und roch den Gestank der daraus hervorquoll. Und sie sah die beiden vergitterten Eingänge zu je einem Ende der Ellipse.
Auf der ihr gegenüberstehenden Seite der Arena wurde ratternd das Gatter geöffnet.
Das Eintreten des Elfen wurde mit donnerndem Applaus belohnt.
Lueith spürte, wie ihr Innerstes gefror.

Nur am rechten Arm trug er eine Lederschiene, die blitzende Klinge eines Langschwertes in der Hand. Ansonsten war er bis zum Gürtel nackt. Er kam näher, die Spitze des Schwertes zeigte gen Boden und doch bemerkte Lue, dass er bis zum Zerreißen gespannt war.
Das schwarze Haar zu einem engen Knoten zurückgebunden, das Gesicht hager und die tief in ihren Höhlen liegenden Augen sahen sie geradezu tierisch lauernd an. Die einstig grünlich-kupferfarbene Haut war blass und schien dünn wie Pergament. Sie konnte jede Ader sehen, wie sie sich dunkel unter seiner Haut wanden.
Lue weitete die Augen und ließ ihn herankommen. Doch zog sie das Schwert nicht aus dem Sand.
In der elfischen Sprache, sagte sie sehr leise. "Tu das nicht. Zwing mich nicht gegen dich anzutreten, Bruder. Bitte."
Er reagierte kaum merklich und doch… war da ein Zucken in seinen leeren, farblosen Augen.
"Du verstehst nicht..." krächzte er in der Gemeinsprache.
"Töten! Töten!" brüllten die Zuschauer.
Er hob das Schwert, griff an. "Neh!" Lueith sprang zur Seite. Er hatte mit ihrer Schnelligkeit nicht gerechnet. Ganz offenkundig nicht. Er lief ins Leere und Lue hatte das Schwert in der Hand.
Sie schlug nicht zu, obgleich er ihr einladend seine ungeschützte Flanke offerierte.

Xulzyne schrie durch das Gebrüll zu seinen beiden drowischen Begleiterinnen: "Das war armselig. Lahme Nummer. Ein einfacher Ausfall. Ich hätte mir etwas Spektakuläreres erwartet. Aber … man muss zugeben es hat gereicht. Hätte sie gewollt, wäre er jetzt schon tot."
Ilvelios rieb die Schenkel aneinander. Paelinns Miene war eine Maske der Undurchdringlichkeit. Nichts verriet, was sie von dem hielt, das sich vor ihren Augen in der Arena abspielte.

"Ich habe gesagt, zwing mich nicht! Ich will dich nicht töten! Ich will nicht gegen dich kämpfen! Aber ich lasse mich nicht anrühren! Geh! Geh zurück woher du gekommen bist!" fauchte Lue.
Buh-Rufe aus der tosenden Menge. Schreie nach Blut und Tod. Jemand spuckte den Elf an. Sie spuckten auch auf Lue herab.
Die Elfe trat zurück und senkte das Schwert, ihr Blick suchte Xulzyne in seiner Loge.
"Du willst mit mir spielen? Du willst mich zum Töten zwingen?! Ich werde nicht kämpfen! Hörst du?! Du zwingst mich nicht!"
Xulzynes Augen funkelten warnend. Der Elf, dem sie den Rücken zugedreht hatte, sah seine Chance als gekommen. Sie wirkte abgelenkt und unkonzentriert.
Er atmete heftig aus und stieß schreiend voran. Schnell und heimtückisch. Im letzten Augenblick wich sie zurück, doch das Schwert traf sie hart an der Schulter. Sie keuchte auf, ging auf ein Knie und rollte sich blitzschnell nach vorne hinweg.
Blut floss und tränkte den sandigen Boden, der das Blut sofort in sich aufsog. Die Menge schrie begeistert auf, johlte und jubelte.
"Warum tust du das, Bruder?!" schrie Lue verzweifelt – mit Mühe parierte sie seine Schläge und mit größter Mühe kam sie unter dem Klingenhagel irgendwie wieder auf die Beine.

"Er bringt sie um" sagte Paelinn kalt und mit einer gefährlichen Schärfe in ihren Worten. "Das ist nicht die Art Unterhaltung die wir uns vorgestellt haben, Xulzyne! Ein Kampf und tot? Das ist unprofitabel und unprofessionell!"
"Aber schön ist es… schön wie sie sich gegenseitig schlagen, töten wollen… die Elfen" flüsterte Ilvelios lasziv hauchend und strich sich mit einer schwarzen Hand zwischen die Beine und schmiegte sich an Xylzynes Seite. Sie bemerkte es nicht, dass sich seine Mundwinkel angewidert verzogen.

Der Elf ließ nicht nach. Unbarmherzig schlug er und schlug erneut. Er war erfahrener als Lue, das spürte sie sofort. Dennoch machte er kein schnelles Ende – obwohl er es gekonnt hätte, da war sie sich sicher. Sie geriet in die Defensive. Parierte nur noch. Sie musste diesen Kreislauf durchbrechen. Ihn mit einer unerwarteten Bewegung aus dem Rhythmus bringen. Mit einem schnellen Wechselschritt sprang sie wie eine Tänzerin zur Seite. Weit weniger tänzerisch stolperte der Elf an ihr vorüber. Sie hieb mit der flachen Seite der Klinge wuchtvoll gegen seinen Rücken. Er begann zu keuchen.

"Sehr gut! Die Instinkte setzen sich durch!" rief Xulzyne den Frauen zu. "Sie hat gute Reflexe!"
Doch die Menge schrie vor Empörung und Enttäuschung.
"Blut! Blut! Blut!"

Er hatte sich schnell wieder gefangen und ließ Lue keinen Moment zu Atem kommen. Sie reagierte.
Und da fiel ein schicksalhafter Hieb der ein Leben beenden sollte. Sie durchtrennte mit einem raschen, eleganten Hieb die ungeschützte, linke Oberarmarterie. Blut floß sofort massenhaft.
Lue erschrak. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie dem Elfen entgegen. Und er revanchierte sich.
Sie riss den Kopf zurück, doch die Spitze seiner Klinge fuhr ihr quer über das Gesicht. Die scharfe Schneide fraß sich tief in Stirn und Wange. Ihr Blick wurde blind vom Blut. Sie taumelte zurück und hielt sich das Gesicht.

"Oh" seufzte Paelinn mit gespielter Betroffenheit. "Das mindert ihren Wert auf dem Sklavenmarkt aber ganz erheblich."
"Nicht zu verkaufen" knurrte Xulzyne.

Das Blut floss ungehindert seinen Arm herab und mit jedem Herzschlag wurde er schwächer und schwächer. Bis er zu Boden ging. Lue hörte nicht das Brüllen der Menge, den Applaus, die Rufe. Sie sah Xulzyne nicht, der sich selbstgefällig zurücklehnte.
Lue kroch zu dem Elfen und nahm seinen Kopf in ihre Hände.
"Du weißt doch schon, was dich erwartet, Arwen" röchelte er kraftlos im Sterben. Er sprach elfisch.
"Du weißt schon, was diese Drow sind. Hast es schon kennengelernt. Und gesehen wozu sie im Stande sind. Sieh sie an. Sie werden dich immer wieder hier herunter stoßen. Immer wieder - du wirst zum Vergnügen töten. Du wirst töten. Und wenn es ihnen keinen Spaß mehr macht wie du tötest, wenn ihnen die von dir verübte Gewalt langweilig wird, stirbst du. Sie lassen ihre Spinnen auf dich los. So viele Spinnen… und sie zerreißen dich und die Drow werden Blut riechen und jubeln und dann stirbst du… und hast nie mehr Bäume gesehen. Nie mehr den Himmel und nie mehr den Wald… du vergehst… Und hast nie mehr… die deinen… oh Schwester, Schwesterchen..." sein Blick glitt durch sie hindurch und er konnte seinen Satz nicht zu Ende sprechen. Er starb in ihren blutigen Händen.

Lue stand auf und wankte einige Schritte, der Zweihänder schleifte in ihrer schwachen Hand über den Boden. Sie spürte den Schmerz kaum, bemerkte nur wie Blut und immer mehr Blut über ihr Kinn auf den Boden tropfte.
Plötzlich wurde es sehr still.
Sie drehte das Schwert langsam in der Hand herum, stützte den Knauf in den Sand und beugte das Knie. Mit der rechten Hand hielt sie die Klinge, mit der linken ließ sie die Spitze präzise unter ihr Brustbein zielen. Sie schloss die Augen. Die Spitze des Schwertes stach sie.

"Nein! Tu das nicht!" rief eine Frauenstimme.
"Lasst sie!" rief eine andere.
"Haltet sie auf!"
Ein einzelnes, hohles Lachen.

Paelinn erhob sich jäh von ihrem Sitzplatz. Sie zischte Xulzyne etwas zu, gestikulierte erbost und deutete auf Lue, die die Augen geschlossen hielt.

Nicht weinen. Es gibt keinen Grund. Nichts worum ich weinen muss. Eine heftige Bewegung und es ist vorbei. Das alles ist vorbei.

"Du bringst das nicht fertig" hörte sie Xulzynes Stimme in der unwirklichen Stille der Arena. "Du hast nicht den Mut, die Kraft und Entschlossenheit. Man hat es oder man hat es nicht. Und du… hast es nicht, Lueith."

Er hatte recht.
Sie brachte es nicht fertig. Und sie bezahlte dafür, wie jeder Feigling bezahlt. Mit Schmerz, Schande, widerwärtiger Unterwerfung für die kommenden Monde und entsetzlicher Abscheu vor sich selbst für noch viele weitere.

 

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Themenersteller Verfasst : 12. Februar 2024 17:49
Lyraee
(@lyraee)
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Der Kopfgeldjäger Xulzyne hatte sie schon durch etliche Arenenkämpfe geschickt. Aber die Aufsässigkeit, die Wut und der Hass des Elfenmädchens ihm gegenüber glommen weiterhin immer wieder auf und verärgerten ihn maßlos. So war es auch heute geschehen, als er sie aus dem kleinen Verließ unterhalb des blutigen Amphitheaters geholt hatte um sie gegen einen Worg antreten zu lassen. Sie hatte ihn so angesehen. Ihm geradezu in die Augen gesehen. Dreist und mit gefährlichem Blitzen in den grünen Augen.
Also zerrte er die Elfe, gerade als sie sich vom Kampf etwas erholt hatte, auf den Vorplatz des Tempels der umsäumt war von grauenvollen aber auch wunderschönen Skulpturen und Stelen die der Schönheit und Grausamkeit der Spinnenkönigin huldigten.
Nicht weit ab war der Sklavenmarkt und der Markt für exotische Oberflächenwaren – entsprechend dem reichhaltigen und exquisiten Angebot herrschte dort Gedränge und Umtriebigkeit.
Auf diesem Platz, an Ort und Stelle wo Schaulustige angezogen wurden, peitschte er sie mit der Karbatsche aus. Versprach ihr nach jedem unerbittlichen Schlag, dass ihr niemand zu Hilfe kommen würde und selbst wenn er sie totprügelte: Weder Götter, Dämonen, Teufel oder zu wem auch immer sie heimlich betete, weder solche noch irdische Wesen – einfach niemand würde kommen.
Er verdrosch sie ausgiebig und sehr gründlich. Die Leute schauten zu.

"Grüß dich. Vendui Xulzyne."
Er richtete sich seinen Mantel und legte in dessen Schatten die Hand auf den Schwertgriff ehe er auf eine Menschenfrau in Lederrüstung mit Schwert blickte. Sie war von dunklem Teint und trug die schwarzen Haare zu einem dicken Zopf geflochten. Die Oberlippe zuckte ihr immer wieder unwillkürlich womit sie ständig zornig aussah - wie ein wütender, zähnefletschender Hund. Es begleiteten sie drei Männer. Einer von ihnen war ein Drow. Xulzyne ließ die Hand wieder unter dem Mantel hervorkommen.
"Vendui Nezrina." Ohne Eile trat er der Menschenfrau entgegen.
"Dich habe ich hier ja schon lange nicht mehr gesehen. Verdingst dich immer noch als Karawanenführerin, was? Kein Risiko zu hoch für ein gutes Geschäft."
"Von irgendwas muss man ja leben. Wenn nicht vom Geschäft, wovon dann? Und dass mit den besonders guten auch Risiken einhergehen… tja – so ist das eben. Risiko lässt sich kalkulieren und in Münzen verrechnen. Aber was interessieren dich meine Geschäfte? Es kümmern dich ja nicht mal mehr deine eigenen. Deine Geschäfte waren es nämlich mal Verträge zu erfüllen – und davon scheinst du ja neuerdings nicht mehr viel zu halten. Oder? Hm? Hast stattdessen lieber Spaß mit deinem neuen Haustier? Dachte ich seh und hör nicht recht, als du sie da über den Tempelplatz gezogen hast."
Der Kopfgeldjäger wahrte einen gleichgültigen, gelangweilten Ausdruck in der grauschwarzen Miene – doch seine blutroten Augen funkelten bedrohlich. Nezrina fühlte einen kalten Schauer über Rücken und Nacken kriechen – doch sie zeigte die Zähne und fuhr fort: "Nun ist es aber langsam gut, mit dem Vergnügen. Ich würde sagen wir helfen dir, wieder auf Kurs zu kommen und deinen Vertrag zu erfüllen. Boban, Jano – wir nehmen sie mit. Geht schon mal vor. In den Verliesen findet ihr sie, nehm' ich an."
"Gemach, Nezrina" Xulzyne hob eine Hand, während die andere wieder unter den Mantel glitt. Ihre beiden benannten Begleiter machten einen Schritt nach vorne, hielten aber sogleich wieder inne. Angst haben sie, dachte Nezrina. Ungeheuerliche Angst.
Mit allen Wassern gewaschen, gegen allerlei Monster erprobt die das Unterreich auf seinen unsicheren Pfaden so zu bieten hat, bis an die Zähne bewaffnet – und dennoch haben sie Angst.
"Ist ja rührend, wie du mir helfen willst" sprach der großgewachsene Dunkle. "Aber ihr werdet niemanden mitnehmen. Warum? Weil ich sie euch nicht gebe. So simpel. Ich behalte die Elfe zu meiner eigenen Verwendung."
"Deiner eigenen…?" Nezrina beugte sich vor und spuckte saftig aus. "Pfui Xulzyne. Was ist mit dir los? Du warst immer bekannt dafür, dass du solide warst. Ein Profi. Dass du zuverlässig bist und erledigst, wofür man dich angeheuert hat. Jemand, mit dem man arbeiten kann. Und jetzt zeigt sich, dass dein Wort einen Scheißdreck wert ist? Wirklich du bist doch der letzte…"
"Vorsicht, Nezrina. Vorsicht, dass dir nichts versehentlich aus deinem Mund rutscht, das ich gezwungen bin dir in die Gurgel zurück zu stopfen. Denn es könnte wehtun. Und ich will dir eines sagen, bevor du weiter quäkst wie ein alter Leierkasten: Du willst die Elfe haben? Dann hol sie dir. Was schaust du wie ein Rothé? Ich leg keinen Wert, auf dieses Vögelchen. Du kannst sie haben. Aber geben werde ich sie dir nicht. Ach sei doch nicht so bequem. Du darfst dir schon selbst die Mühe machen, gnädige Frau. Wer will, kann sie sich nehmen – wenn er kann."
Nezrina kniff die dunklen Augen zusammen.
"Wie das? Ich wittere doch, dass in diesem Köder ein Haken steckt."
"In der Arena brauchst du bloß zuzugreifen." Xulzyne lächelte giftig. "Du hast ein Schwert. Sie hat ein Schwert. Das ist der ganze Haken. Ganz offenkundig und ehrlich. Nicht versteckt. Keine List und keine Tücke. Ich werde mich nicht einmischen. Ganz fair. Da kannst versuchen sie mitzunehmen – oder mir zu helfen, meinen Vertrag zu vollenden, wie du gerade noch so großzügig verkündet hast. Ist doch bloß ein Mädchen, Nezrina. Schaffst du doch wohl, oder?"
Sie biss sich auf die Lippen um das heftige Zucken zu unterdrücken.
"Soll ich mich selbst zum Spektakel machen, oder was? Da mach ich nicht mit."
"Willst du jetzt vor einer kleinen Elfe davonlaufen? Mit eingezogenem Schwanz wie ein Köter? Oder was?"
Xulzyne lachte auf und es klang, als würde Eis an Stahl reiben.
"Das wird ganz Menzoberranzan erfahren, das versprech ich dir. Hah! Dass du so ein Feigling bist! Dass das schwarze Netz so ängstliche Hasen herunter schickt!"
Nezrinas Oberlippe zuckte, sie spürte, wie ihr heiß und kalt wurde vor Wut, spürte die Blicke ihrer Begleiter wie Nadelstiche im Nacken und im pochenden Hinterkopf. Schwäche zu zeigen war tödlich – im Unterreich und im schwarzen Netz gleichermaßen. Sie knurrte mit gefletschten Zähnen.
"Und wann?"

Xulzyne führte die Elfe an Halsband und Kette durch den Raum hin zu einem Tischchen.
Mit einem spöttischen Grinsen beobachtete Durdyn, der dunkelelfische Arenameister, den neuen Gast mit Zufriedenheit. Eine interessante Erscheinung und, was man so hörte, übertraf diese unterhaltsame Erscheinung nur ihre Art mit dem Schwert zu töten. Schade, einfach schade, dass Xulzyne sich weigerte sie zu verkaufen oder abzugeben. Würde er sie hier lassen, in seiner Arena… Zum Teufel. Wozu sich Gedanken machen. Eher würde er, der Kopfgeldjäger, die Elfe persönlich töten, als sein liebstes Haustierchen herzugeben.
Xulzyne wischte mit dem Ärmel über die Onyxtischplatte, zog ein kleines Medaillon aus der Tasche, öffnete es und schüttete ein kleines Häufchen weißbläuliches Pulver darauf.
"Du weißt wie man das nimmt?"
Lue wusste es nicht. Das gab sie aber nicht zu. Sie schwieg einfach und presste die Zähne aufeinander.
"Du ziehst es dir durch die Nase oder reibst es dir ins Zahnfleisch ein."
"Nein!"
Xulzyne zuckte nicht einmal mit der Wimper. Als er das trotzige Funkeln in den Augen Lueiths erkannte riss er unvermittelt und heftig an der Kette. Ihr Kopf schlug Stirn voran auf die Onyxplatte. Sie drohte zusammenzusacken doch seine Hand presste ihren Kopf mit der linken Gesichtshälfte gegen den kühlen, schwarzen Stein und mit der anderen hielt sie an der Hüfte bis sie die Kontrolle über ihre Beine zurückerlangt hatte. Ihre Wange pochte, brannte, die Nähte der schlecht versorgten Wunde spannten und Lue spürte, wie frisches Blut daraus hervorzusickern begann.
"Was habe ich dir über dieses verächtliche, respektlose Wort gesagt, kleine Ratte? Hm? - Du wirst es nun selbst tun" knurrte er dicht an ihrem Ohr. Lue presst die Augen zusammen. "oder ich tue es auf eine Weise, die allen Anwesenden hier Vergnügen bereitet. Du hast nicht nur in Mund und Nase Schleimhäute sondern auch an allen möglichen anderen komischen Stellen, von denen ich Gebrauch machen kann."
"Interessanter Einfall" kommentierte der Arenameister, der die Szene leidenschaftslos beobachtet hatte.
Der Duergar, der bislang unauffällig im Hintergrund klirrend und klappernd mit verrosteten Rüstungsteilen hantierte, hielt gar mit seinem Tun inne und stierte, neugierig geworden mit bösartiger Freude herüber. "Komische … Stellen" gluckste er und schaute ein wenig enttäuscht dabei zu wie Lueith mit zitternder Hand und furchtgeweiteten Augen nach dem Pulver griff.
"Schau her, wir haben schon jemanden der sich als Knecht anbietet um dich auszuziehen und festzuhalten. Vielleicht probieren wir es das nächste Mal einfach aus, hm? Was hältst du davon, Elfe? Vorsicht. Verschütte das gute Pulver nicht."

Die Droge war stark, sehr stark und wenige Augenblicke nach der Einnahme wurde Lueith von einer blendenden Euphorie erfasst. Die Gestalten bekamen schärfere Konturen, Licht und Farben stachen sie in den Augen, Gerüche reizten ihre Nase und sie musste mehrmals niesen, Geräusche wurden unerträglich laut. Dennoch verschwamm alles ringsum, wurde flüchtig und unwirklich wie ein Traumgebilde.
Die folgenden Stunden vergingen wie rasend. Mal schmerzten sie die erschreckend klaren Bilder in den Augen, mal taumelte sie wie im Nebel.
Da waren Treppen, stinkende Gewölbe, die sie durchquerten. Warten. Jemand der ihren Namen rief, an der Kette zog. Da war heiseres Lachen. Wieder ein Ruck an der Kette. Jemand griff nach ihr, zwickte und stieß sie. Lärm. Dröhnendes Lärmen von den Sitzplätzen her. Dann der Schwertgriff in ihrer Hand. Die schlagartige Anfangswirkung hatte nachgelassen, nun schärfte die Substanz nur noch ihre Sinne – und hob die Stimmung. Lueith rollte mit der Schulter, ließ die Klinge wirbelnd durch die Luft tanzen. Eine Menschenfrau kam auf sie zu, mit zuckender Oberlippe und ernstem Blick.
"Komm her", zischte Lueith.

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Themenersteller Verfasst : 12. Februar 2024 17:56
Lyraee
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Sie befanden sich in einer gigantischen Höhle.
Es roch nach Wasser. Frischem Wasser. Und Fisch. Es herrschte ein dämmriges Licht, das von den fluoreszierenden Pilzen ausging, die hier überall wuchsen. Ansonsten ließ das Stadtbild wenige Fragen offen. Dicht an dicht reihten sich Häuser und Hütten, Lagerhallen und Schuppen. Alles wirkte irgendwie zusammengeschustert, dennoch ließ so manches Gebäude nicht an Luxus und Gepränge fehlen. Ratten huschten die Rinnsteine entlang. Betrunkene, Prostituierte und unheimliche Gestalten passierten sie. Es war auf seine eigene Art und Weise übel. Nicht wie in Menzoberranzan, ganz und gar nicht - aber doch... ähnlich. Das eigentlich unübersehbare Zeichen war ein glühender Schädel der über schwarzem Hafenbecken und unter der Gewölbedecke schwebte.
Xulzyne riss an der Kette, zwang sie näher zu sich.
"Willkommen in Schädelhafen" erklärte er mit seinem gespenstischen Lächeln.
Er zerrte sie zu einem großen Gebäude hin. Laternen pendelten vor dem Eingang, aus dem Inneren drang ein Stimmengewirr heraus. In der Tür des Gebäudes standen schon etliche bewaffnete Männer. Zum Großteil mit Knüppeln und Langdolchen ausgerüstet.
Heraus trat ein fülliger Menschenmann. Tethyrer, schätzte Lue. Er trug einen reich verzierten Brokatrock und eine Mütze, die mit schillernden Federn verziert war
"Xulzyne! Welch Freude! Lange ist es her, dass wir uns getroffen haben, mein Freund! Wie laufen die Geschäfte? Ja, sag was macht das Geschäft?"
"Die Geschäfte laufen. Du weißt ja wie das ist, Filister. So jemanden wie mir geht die Arbeit nie aus. Ich überlege schon mich langsam zur Ruhe zu setzen. Vielleicht noch ein paar Aufträge..."
Der, den er Filister genannt hatte, schaute Lue eine Zeitlang direkt in die Augen. Sie schauderte und verstand sofort, dass hinter der dicklichen, weichen und überfreundlichen Fassade ein Geist von beunruhigender und dunkler Tiefe steckte in dessen Abgrund sie nicht blicken wollte.
"Zur Ruhe setzen? Ich bitte dich… was tätest du denn ohne dein Geschäft? Aber noch bist du ja tüchtig, nicht wahr? Komm herein. Lass uns reden. Bitte sehr."
Im Flur warteten zwei weitere Personen. Eine hochgewachsene Frau mit blondem Haar, hager und mit stechendem Blick und ein Halbelf, relativ jung, zerzauste aschblonde Haare und gräulich dunkle Haut.
"Ach…" Filister drehte sich um. "Reden wir unter sechs Augen. Samara kam ja nicht extra aus Zentilfeste nur um sich das gute Bier hier schmecken zu lassen. Ha! Geben wir das graue Täubchen doch vorübergehend unter Bewachung und dann folgt mir bitte. Herr Beißer!"
Der Halbdrow trat auf sie zu. Xulzyne reichte ihm nach einem Moment des Haderns die Kette. "Aber pass mir nur gut auf sie auf. Wie auf deinen Augapfel."

Buckelroff hielt sich abseits. Freilich wollte er, wie alle anderen auch, das Elfenmädchen ansehen, von dem in letzter Zeit so oft die Rede gewesen war. In der Grube war man schon ganz heiß auf ihre Ankunft – entsprechend viele hatten sich jetzt versammelt. Doch er empfand einen enormen Widerwillen dagegen, sich mit den anderen Neugierigen in eine Reihe zu stellen. Die gafften und drängten. Manche versuchten sogar sie anzufassen, zu stoßen und zu kneifen. Nein, darauf hatte Buckelroff keine Lust. Er hatte genug in seinem bisherigen Hin-Leben erlebt um sagen zu können, dass ihn das, was dem Mädchen bevorstand einfach nur abstieß.
Doch er konnte einen Blick auf sie erhaschen. Sie hinkte leicht, schritt jedoch hoch erhobenen Kopfes an Halsband und Kette hinter ihrem Wärter her.
Sie war geschlagen worden. Der Drow hat sie geschlagen aber nicht gebrochen, dachte Buckelroff.
"Das ist also diese Elfe!"
"Pah, die ist ja schmächtig!"
"Schmächtig ja? Eine Schlächterin ist sie. Eine Schlächterin die unter den Drow selbst ihresgleichen gemordet hat!"
"Einen Elfen, fünf Menschen und dutzende Kreaturen soll sie in der Arena von Menzoberranzan erledigt haben. Die Bestie!"
"Was für eine Bestie!"
"Eine Wölfin!"
"Dieses Kind?! Niemals! So einen Müll kannst du jemand anderen erzählen, du Lügner!"
"Wen nennst du hier Lügner?!"
"Nicht anfassen!" rief ihr Wächter. "Hände weg habe ich gesagt! Griffel weg! Betatscht ihr immer fremde Sachen?! Und kein Wort mit ihr gesprochen, klar?!"
Der Halbdrow machte ein grimmiges Gesicht. Buckelroff wusste, dass er unter den Namen 'Beißer' bekannt war. Das war so, weil er sich seine Zähne spitz zufeilen hatte lassen. Vielleicht war es aber auch nur eine besonders aufwändige und gute Illusion. Das Zufeilen hatte aber etwas Martialischeres und wurde deshalb für besser, härter befunden.
"Na wer weiß ob sie heute Abend noch lebt, nach dem Kampf in der Grube, eh? Vielleicht sollten wir ihr den womöglich letzten Tag ihres jungen Lebens noch ein wenig versüßen, hm? Richtig durchvögeln im Heu! Ihr tüchtig besorgen!" rief ein Zwerg mit merkwürdig zweifarbigen Augen.
"Das wär’s! Wie eine Dirne! Hähähä!" ein Menschenbursche von vielleicht 15 Jahren lachte brüllend.
"Nur ohne Bezahlung!"
Grölend hielt sich der Bursche den Bauch.
"Wenn ihr euch traut dann fragt Xulzyne ob ihr dürft. Der reißt euch den Schwanz mitsamt der Eier ab. Mit bloßen Händen."
"Oha! Oha! Wohl eher dir, wenn du nicht richtig auf sein Eigentum aufpasst, eh?"
"Zieht Leine! Ihr habt doch wirklich weiter nichts im Kopf, Ficker, verdammte. Ihr könnt sie noch früh genug begaffen. Haut ab, sag ich – oder wollt ihr eins mit dem Knüppel?"
"Na dann eben nicht. Uns ist das doch egal. Kommt Jungs, zum Schober, da braten sie einen Hammel. Gehen wir ein bisschen feiern."
Unter Gemurre und verstohlenem Geschimpfe zerstreute sich nach und nach die schaulustige kleine Menschentraube.
Beißer riss erneut an der Kette und zog die grauhaarige Elfe über den Platz. An einem Pfosten, nahe einem Lagerhaus band er sie schließlich an. Die Elfe setzte sich mit stoischem Blick auf den Boden.

Doch Buckelroff war geblieben. Er schaute in den Schatten gedrückt hin zum Lagerhaus, um das es ruhiger geworden war. Beißer lehnte an der Bretterwand und spielte mit einem Dolch, während sein Knüppel neben ihm an der Wand lehnte.
Jetzt oder nie. Der Hin hob die Hand, begann ins Gewebe zu greifen und es nach seinem Willen zu formen, der Blick unverwandt auf den Halbdrow gerichtet. Er spürte in seinem Kopf eine kurze aber heftige Gegenwehr. Buckelroff war es, als knackte es schmerzhaft in seinem Hinterkopf. Beißer war widerstandsfähiger als er erwartet hatte und er versuchte den Zauber, der auf ihn eindrang, von sich zu stoßen. Der Halbling spannte sich an und verharrte, als das widerlich schlüpfrige Gefühl endlich nachließ. Beißer erstarrte ebenfalls – aber unnatürlich, inmitten seiner Bewegung. Er gefror einfach wie zu Stein.
Ein Keuchen der Erleichterung von sich gebend rannte der Halbling los. Die Elfe sprang auf, als sie ihn auf sich zueilen sah und riss an der Kette, verwirrt glitt ihr Blick zu dem gelähmten Halbdrow und zuckte wieder zu ihm, sie knurrte, warf ihm einen bedrohlichen Blick zu.
"Nicht nötig" beschwichtigte er sie rasch. "Ich bin auf deiner Seite. Ich will dir helfen! Komm, ich schneide dir die Fesseln durch. Da hast du das Messer, schneide das Halsband selber auf. Und dann komm! Schnell! Wir haben nicht viel Zeit!"
"Wer bist du?"
"Ich bin…"
"Buckelroff! Du Verrä…"
Das Elfenmädchen war wie aus dem Nichts bei dem hinter dem Lagerhaus erschienen Mann und stieß mit dem Messer ohne zu zögern auf ihn ein. Sie rammte ihm die Klinge direkt in die Seite seines Halses und riss sie kraftvoll schneidend wieder heraus. Das Blut strömte ihm reichlich aus der Wunde und er fiel hin, krümmte sich zur Embryonalhaltung zusammen um zu verbluten, um zu sterben.
"Alarm!" schrie plötzlich eine bewaffnete Frau und ließ vor Schreck ihre Hammelrippe fallen, nach ihrem Schwert greifend.
"Alaaaarm! Filister, Samara! Die Elfe flieht!"
Die Frau, die sie Samara nannten und Xulzyne stürzten aus dem Gasthaus jenseits des Platzes. Es erschien auch Filister auf der Schwelle der Tür und schaute verblüfft drein.
"Schnell jetzt!", schrie der Halbling und berührte Lueith am Ellenbogen, nur kurz um gleich darauf in die Gassen loszupreschen.
"Fangt sie!" brüllte Samara aus Zentilfeste. "Fangen oder töten!"
"Lebendig!" schrie Xulzyne, der seine Schwerter bereits in der Hand hatte. "Lebeeendig!"
Aus den Hütten stürzten Bewaffnete. Armbrustbolzen surrten durch die Luft und schlugen gegen Hausmauern oder in Bretterverschlägen ein, als Lueith und Halbling im Zickzack durch die finsteren Gassen flohen. Nach und nach wurden die Rufe leiser, trog der Schein oder hatten sie den Großteil ihrer Verfolger wirklich bald abgehängt? Hinter der nächsten Biegung entdeckte Lue Schiffsmasten emporragen und hörte das leise, friedliche Plätschern von Wasser. Die Hüfte, in die sie Xulzyne kürzlich getreten hatte, stach sie schmerzhaft als sie ein weiteres Mal scharf in eine heruntergekommene Straße einbogen und bald dröhnten ihre Füße über die sich leicht biegende Holzplanken des Piers. Es glitt langsam ein kleiner Schoner über das schwarze Wasser, noch nicht sehr weit von ihnen entfernt. Auf eben dieses Schiff deutete der Halbling jetzt.
"Wir müssen dahin schwimmen. Sie nehmen uns mit. HEY!!" schrie er und es erschienen Gestalten an der Reling. "Was legt ihr ohne uns ab?!"
Xulzyne lief heimlich wie ein Wolf von links heran. Sein Arm umschlang die Elfe von hinten, zog sich um ihre Kehle, sie schrie auf. Buckelroff fluchte lauthals und stürzte sich geradewegs auf Xulzynes Beine, beharkte sie mit seinem Dolch. Das Gerangel wurde verbissen, der Drow drückte Lueith immer fester die Kehle zu, doch schließlich, er konnte den mindestens ebenbürtig hartnäckigen Buckelroff nicht abschütteln, brüllte er schmerzerfüllt und wutentbrannt auf. Lueith entwand sich seinem Griff.
"Spring und schwimm um dein Leben!"
Mit einem Satz war sie im Wasser.
Nun, da sich der Drow ganz auf ihn konzentrierte, hatte der Halbling keine Chance mehr. Mit einem Schlag des Schwertknaufs stieß er Buckelroff von sich weg, versetzte ihm einen schrecklichen Hieb quer über die Brust und macht einen Sprung nach vorne um der Elfe nach zu hechten. Der aufgeschlitzte und Blut überströmte Buckelroff konnte ihn noch bei den Füßen packen und ließ erst los, als ihn ein Schwertstich auf die Planken nagelte. Doch diese wenigen Sekunden Verzögerung genügten.

Das Wasser verschluckte Lueith beinahe, zog sie mit sich und in sich hinab. In ihren Ohren begann es zu hämmern und zu dröhnen wie in einem Glockenturm. Sie hatte Glück und tauchte mit Schwung auf, spuckend und keuchend. Sie griff in die muschel- und algenbewachsenen Holzbretter des Schiffs.
"Festhalten!"
Rief ihr jemand von oben zu.
"Festhalten Elfenkind!"
Mit riesiger Anstrengung klammerte sie sich an das zugeworfene Seil und wurde aus dem Wasser und an Deck gezogen. Keuchend lag sie da, das Wasser rann plätschernd an ihr herab.
Sie rollte sich zur Seite und schloss schwer atmend die Augen.

Er stand am Pier. Sein schwarzer Mantel verdeckt alles. Nur die roten Augen mit einem Blick, kälter als Eis, bösartig, verfolgten sie mit einem wilden Versprechen.

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Themenersteller Verfasst : 14. Februar 2024 14:32
Lyraee
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Magisches Geschoss Spieler

(geschehen vor 1375 TZ)

 

Xulzyne spürte das Messer, das man ihm in den Rücken jagte und gleich darauf einen jähen, brennenden Schmerz. Einen durchdringenden Schmerz, der ihm schwarz vor Augen werden ließ. Sein Herz begann wie rasend zu schlagen, sein Blick verdunkelte sich und die Welt vor seinen Augen begann zu wirbeln, zu verschwimmen und zu zerbrechen.
Die Kehle war ihm zugeschnürt. Als er hart auf den Boden aufschlug hatte er schon keine Möglichkeit mehr zu schreien, fluchen oder sonst irgendetwas zu tun. Er spürte die Klinge tief in seinem Rücken als Zentrum des wellenartigen Schmerzes. Ein Wurfdolch. Sein zuckender Körper rollte sich in unkontrollierten Spasmen zur Seite, dann kam er endlich zum Erliegen und konnte von da an keine Hand, keinen Finger, keinen Zeh mehr rühren. Die Augen weit offen aber unfähig zu blinzeln, unfähig Speichel hinab zu schlucken. Schon jetzt hatte er das Gefühl die Zunge schwelle an, fülle die ganze Mundhöhle aus.

Ahhh verdammt, wie das brennt und bewegen kann ich mich nicht. Ich weiß schon, was mich erwischt hat. Nichts lähmt so zuverlässig und schnell wie das Gift "Agonie". Bald beginnen die Schmerzen, denen die zur Essenz destillierte Qual ihren Namen verdankt. Unkontrollierten Bewegungen der Augäpfel und Sehstörungen. Dann kommen die Muskelkrämpfe, wirklich starke Krämpfe. Bestimmt wird mir das Rippenfell und die Rippenmuskulatur reißen. Die Zähne werd ich mir zerbeißen. Schleimfluss, Atemnot. Schließlich der Tod. Pisser. War das nötig? Hätte er mir nicht einfach die Kehle durchschneiden oder einen Bolzen in den Kopf jagen können? Selbst dafür zu feige. So sterbe ich also, Xuzlyne, gefürchteter Blutjäger. Paria und bedeutungsloser Sohn eines unwichtigen Hauses, von allen missachtet. Und doch gab es eine Zeit, da haben sie mich, meinen Namen, gefürchtet und respektiert. Ich habe es ihnen gelehrt, das zu tun. Habe jede Möglichkeit genutzt, keine Grausamkeit ausgelassen. Auf jede Regel geschissen und mich immer behauptet. Und nun? Hinterrücks getroffen und zurückgelassen zum Sterben. Ja, das ist ein Finale das sich perfekt einreiht in die beschissenen letzten Zyklen meines Lebens. Alles ist schief gegangen seit mir diese kleine Elfenschlange entwischt ist. Die grünäugige Natter. Mein Glücksbringer. Meine Zukunftsinvestition an der Leine. Von der ich sie von Zeit zu Zeit loslassen, in die Arenen geschickt hätte. Gold einstreichen. Beste Unterhaltung... in und jenseits der Grubenkämpfe. Und sie... besitzen.
Aber mein Glück hat mich verlassen. Alles ging in den Abgrund. Seither ist mein Ruf beschmutzt, mein Gold verloren, keine Aufträge die sich einstellen. Ist nicht viel geblieben von damals. Ein gutes Ziel, verachtet, vogelfrei für kleine Emporkömmlinge, die sich einen Namen machen wollen, in dem sie mir die Ohren abschneiden und als Trophäe um den Hals hängen. Einer hat es nun geschafft. Verdammt. Hätte ich sie noch einmal in die Finger bekommen.

Aber ich weiß... vergessen hat sie mich nicht, die kleine Ratte. Ich weiß, dass sie sich bis zu ihrem jämmerlichen Ende vor mir gefürchtet hat. Langsam, langsam habe ich eine Bestie aus ihr gemacht. Ich habe ihr das mit Peitsche, Faust und Stiefel beigebracht. Lange hab ich das getan. Ah... ja. Das war eine gute Zeit.

In seinem Geist formte sich ein zynisches Lachen – doch aus seiner Lunge drang nur ein makaberes Gurgeln. Er sah immer schlechter. Die Augen verschleierte und verklebte ihm ein zäher, trüber Schleim.

Wäre sie mir nur nicht entwischt. Hätte ich sie nur noch einmal in die Finger bekommen, dann wäre für mich alles anders verlaufen… Was? Wer ist da? Ich erkenne dich nicht. Eine Drow. Du bist also meine Mörderin? Wer du bist? Egal. Es ist mir egal, wer du bist. Aber geh weg. Geh mir aus den Augen und lass mich sterben. Lass mich in Ruhe hassen...

Er wusste, dass seine Worte die über ihn gebeugte Drow nicht erreichen konnten – denn sie waren nur in seinem Geist. Sie war hager, ziemlich unansehnlich für eine Drow und fasste mit spindeldürren Fingern nach seinem Kinn, umschloss es, griff zu. Aus ihren Augen lachte der blanke Wahnsinn und sie sah ihm in die seinen, ganz aus der Nähe und zwang ihm ihren Blick auf. Alle Gedanken zerflossen wie zähes Harz, machten einer Leere Platz, einem gewaltigen Sog.
Die Finsternis der Höhle und die Leere seiner Gedanken durchschnitt eine unnatürliche Eiseskälte, ein Lichtblitz zuckte auf. Da stand eine Frau, eine Dunkelelfe mit langen glatten strahlend weißen Haaren. Kaum ein Stück Stoff bedeckte den schlanken, hochgewachsenen Leib. Die linke, von zahlreichen Silberringen geschmückte Hand war nach ihm ausgestreckt. Die Frau lachte wild, grausam, ein Schneesturm umtoste sie, blendend hell.

Xulzyne. Kopfgeldjäger. Mächtiger Assassine. Einst gefürchtet und geschätzt, nun verachtet, verraten und betrogen. Ohne auch nur eine letzte Genugtuung. Alles was dir Freude machte ist von dir gegangen, ist dir in den Fingern zerronnen oder wurde dir mit Tücke und Lügen vorenthalten. Ja, Xulzyne. Dein Fall war tief und nun liegst du hier, in den Armen meiner Yathrinshee. Sterbend. Und du denkst du hättest kein Ziel im Leben mehr gehabt. Dass es gut ist zu sterben, da dich ohnehin nichts mehr erfüllen konnte, nichts dein Interesse wecken konnte. Dabei hättest du eine Aufgabe gehabt. Deine Rache hat auf dich gewartet. Und ich dachte, du würdest sie finden. Ich dachte du würdest sie bis ans Ende der Welt verfolgen und darüber hinaus. Genau so, wie du es ihr versprochen hast, damals am dunklen Wasser von Schädelhafen. Ja, ich war mir sicher, denn dein Hass und dein Rachedurst – sie waren so stark, so mächtig. Selbst jetzt noch glüht es fiebrig in dir. Aber hast du es getan? Nein. Du hast dich täuschen lassen. Du hättest sie erwischt. Wärest du nicht betrogen worden. Wärest du nicht einer Lüge aufgesessen. Du hast dich übertölpeln lassen. Die Elfe, die dich so schwer gekränkt hat, als sie dich verließ, die deine Existenz ins Unglück gestürzt hat… sie ist nicht tot sondern noch am Leben. Ganz richtig gehört. Sie lebt. Sie hat dich ganz und gar hinter sich gelassen, deinen Namen fast vergessen. Sie tanzt im Licht der Sonne. Genießt ihre Freiheit in deren Schönheit kämpft, singt und liebt sie. Führt das Leben einer glücklichen, kleinen Silberelfe, die über dich, Xulzyne, triumphiert hat und auf deine Rache spuckt und deine Vergeltung verlacht.

Nein. Nein. Nein. Nein!
Er fühlte ein reißendes Zittern, dessen er einfach nicht Herr wurde. Vom Gift – und dem Gift der
Worte, die sorgsam in seinen sterbenden Geist geträufelt wurden..

Ohh doch, lachte die Frau auf. Ihre Stimme hallte gespenstisch wider, das Lachen schwoll zu tosender Kakophonie. Der Schädel drohte ihm zu platzen im Todeskampf, im Lärm ihres Gelächters, vor Wut. Hinter dem Rücken der Frau Schneetreiben und Nebel, in diesem Nebel eine Gestalt – Lueiths Gestalt, die durch einen Tunnel rannte, stolpernd, aus den Wänden griffen grotesk zahllose Hände nach ihr. Sein Röcheln wurde heftiger, erregter, als er erkannte, dass ihr vernarbtes Gesicht voller Angst war. Dann eine Tür von Licht. Lueith sah sich noch einmal um und es war ihm, als blickte sie ihn an. Dann trat sie in dieses Licht, fremd und warm, und verschwand. Zurück blieb leere Finsternis.

NEEEEEIN!

Willst du wissen, wie das passieren konnte? Was geschehen ist, nachdem du dich an die falschesten der Falschen gewandt hast? An die Betrüger und Lügner. Die Spinne. Sie wollten sie für sich. Wollten sie ihrer Königin zum Opfer geben – aber nicht einfach so, in ihrem Namen opfern und Schluss. Nein, nein. In den Dämonennetzen selbst sollte sie bis zur Ewigkeit gefoltert werden. Unerreichbar für dich. Von Yochlol gefasst wollte man sie in Ketten legen. Und du schwaches dummes Männchen hättest sie nie bekommen. Sie hätten sie dir niemals gegeben! So endet ein Handel mit denen, die der Spinnenkönigin dienen! Verrat und Betrug und dafür erhält man nichts, nicht einmal eine Hand voll Staub, du Narr! Verraten haben sie dich! Dich getäuscht! Trotzdem, stell dir vor, ist sie auch ihnen entkommen, selbst dem Abyss entschlüpft. Aber ich gebe dir die Macht dich nicht nur an dem Elfenkind zu rächen… oh nein! Mehr! Mehr gebe ich dir!

Auf einem hohen Pfahl zuckte die Priesterin der Lloth, ihr schönes, täuschend edles Gesicht war verzerrt und gänzlich schwarz vor Qual, das spitze und blutige Ende des Pfahls ragte ihr am Schlüsselbein heraus.
Lueiths Lippen waren aufgesprungen, zerschlagen, sie bluteten, an ihren Händen und Füßen waren Fesseln, schwere Eisenketten. Die Gewicht der Kette an ihrem Halsband zog sie nach unten, das Ende der Fessel wurde ihm von einer beringten Hand gereicht, ihm in die Hände gelegt.
Blitz. Donner. Eis und Sturm. Und Schmerz.

Ich gebe sie dir und du bekommst deine Vergeltung, das wonach du dich sehnst. Selbst jetzt noch, selbst im Tod kannst du sie besitzen und mit dir reißen – nimm das Unausweichliche an. Wenn du dich mir opferst, dich meinem Willen unterwirfst - zu meinem Diener wirst... sind ihre Zyklen gezählt. Das ist deine letzte Chance, deine allerletzte. Ergreif sie oder geh in das Netz der Spinne und verzehre dich für die Ewigkeit nach deiner unerfüllten Rache!

Ach Xulzyne!
Zahl es ihr heim! Zahl es ihnen allen heim! Verachtung und Rache. Tod, Tod der ganzen Welt! Tod, Vernichtung und Blut! Die Zeit ist gekommen! Du willst es! Dich verlangt danach! Verlangen, Gier und Rache brennen in dir wie eine Flamme! Die Lust darauf hält dich gefangen! Nur mit Macht, mit Kraft, mit Herrschaft über den Tod kannst du sie befriedigen und in der Ewigkeit bezwingen! Tu es! Tu es und schwöre mir Leib und Seele zu schenken! Treue bis in alle Ewigkeit! Mir! Kiaransalee!

Dieser Beitrag wurde zuletzt geändert vor 10 Monaten von Lyraee
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Themenersteller Verfasst : 9. März 2024 10:17