I. Erinnerungen und Mysterien
((Dieser Post beschreibt das Ankommen und die ersten Erlebnisse Firraerims in und um Lisfar. Dies liegt IG nun schon eine Weile zurück, ca. zu der Zeit als Lisfar Elfenbaum im Kampf zur Hilfe kam und den Kampf mit den Fey'ri und weiteren Schergen ausgefochten hatte.))
I.I Von ein Licht für Linda
Es war seltsam. Es ist nicht seine erste Reise gewesen, seit er im Namen seiner Göttin aufgebrochen war. Seine Augen waren seit einiger Zeit an Dinge gewöhnt, die er vorher nicht gekannt hätte.
Er wusste, dass er nicht allzu Weltfremd war. Er hatte weitere seines Blutes getroffen auf diesen Reisen. Und ebenso waren Waldelfen aus dem Inneren des Cormanthors auch zum Handeln nach Elfenbaum gekommen. In dieser Stadt aufgewachsen zu sein und den Hauptteil seines Lebens dort verbracht zu haben unterschied ihn von den Cousinen und Cousins aus den Tiefen der Wildnis. Er hatte alles gehabt – Zivilisation und Wildnis. Auch wenn die Wälder ihn immer wieder in ihre Mitte riefen. Hier ruht sein Herz, zu Füßen alter knorriger Bäume im Schoß von Rillifanes und Sylvanus Reich.
Wie aufregend war es gewesen, als er damals von Lurue und Mielikki erwählt wurde und dem kleinen Schwester-Zirkel beitreten durfte, unter Aufsicht der Hallen des Einhorns, dem großen Tempels Mielikkis, Kahlreshars.
Er erinnerte sich daran genauso, wie an seine Offenbarung mit Aren. Als sei es gestern gewesen. Auch wenn so viele Jahre diese Tage trennten, hingen sie scheinbar zusammen. Die Suche hatte eine weitere Mysterie offenbart, oder doch, eine weitere Geschaffen? Wo lag der Unterschied?
Einen Unterschied jedoch, gab es seit Kurzem.
Er war nach Lisfar gekommen, nicht genau wissend warum. Lag es auf seinem Weg? Hatte seine Reise genau hier hingeführt? Aren war ein erster und guter Grund dies anzunehmen. Das ihn, Firraerim, die Fey, „in mitten Lisfars“, um Hilfe gerufen haben war… unglaublich. So war es wohl am besten beschrieben und doch real. Die Fey hatten ihn um Hilfe und Befreiung errufen und ihm gedeutet, am See mit dem Wasserfall würde Antworten finden.
Er war aufgebrochen, hatte nur kurz mit Samira gesprochen und war „Hals über Kopf“ dieser Aufgabe gefolgt. Er hatte sich den Plan gemacht, zuerst nur zu spähen und zu sehen, was dort wohl vor sich ging, an dem See mit dem Wasserfall und bei Gefahr Blauflügel nach Lisfar und um Hilfe zu schicken.
Es kam aber anders, als er es sich gedacht hatte. Zuerst begegnete er einer Jägerin, Linda. Beauftragt Warge zu jagen, die die Gehöfte plagten und hier am See wohl hausten. Es waren sowohl Vieh, wie auch Menschen schon Opfer geworden.
Gemeinsam würden sie stärker sein und so schlossen sie sich für den Moment zusammen. Als dann Renard zu den beiden Aufschloss, war Firraerim kurzweilig doch ein wenig enttäuscht, so unterschätzt geworden zu sein. Wie froh er am Ende sein sollte, dass Samira ihm Hilfe hinterher geschickt hatte!
Erst wurden sie von dem Rudel angegriffen, welches sie jedoch besiegen konnten, nach dem sie eingekreist waren. Den Spuren folgend kamen sie dann zu einer Höhle in der nun der Endkampf entbrennen sollte.
Das Resultat war… Firraerim und Renard mochten obsiegt haben über die Kreaturen und die Fey wieder frei sein. Doch Linda fiel und lag mit zerbissener Kehle im Staub der Höhle. Unweit der Ecke, dort wo die vorherigen Opfer der Reißzähne, dieser nun ebenso toten Bestien, lagen.
Es war zu spät für die Jägerin. Firraerim traf die Erkenntis, dass ohne Renard vielleicht auch er selber dort liegen hätte können, keinen Atemzug mehr nehmend und erkaltend. Es erschütterte Firraerim in der Tat. Sicher. Er kannte die Frau kaum und dennoch war die Chauntea-Anhängerin Teil des Kreislaufs und des Gleichgewichts. Sicher. Der Tod gehört ebenso zu diesem Kreislauf. Doch Linda so zu sehen ließ seine Seele unruhig werden.
Gemeinsam, nach dem Renard und Firraerim sich notdürftig versorgt hatten, wurde Linda zum Chauntea-Schrein bei den Gehöften gebracht. Schweigen und Zweifel waren Firraerims begleiter bis die Gehöfte in Sicht kamen. Dort wurde sie ihnen abgenommen und wie eine Heldin, für jene Bauern, beigesetzt nach deren Riten.
Immer wieder zog es ihn nun zu dem Schrein und dort im Namen Lurues zu rezitieren und der Erdmutter zu danken. Am Grab der Jägerin tat er dies ebenso und verharrte dort in Gedanken, dabei in ein kleines Licht blickend, welches er bei jedem Besuch erneuerte und entzündete. Jedes Mal, wenn sein Pfad an den Gehöften vorbeikam. Ein Licht in der Dunkelheit. Ein Licht für Linda.
Warum nur? Bisher konnte er in seinem jungen Geist keine Antwort finden. Sie war „nur“ ein Mensch, der wenige Momente seiner 118 Jahre mit ihm gewesen war. Kaum mehr als 20 Menschenjahre, wenn man so rechnen will. Die Blätter des Baums des Leben fielen um die Erde zu nähren. Und doch, auch wenn er länger als viele Bewohner Lisfars gelebt haben mag. So war er doch noch immer eines: Jung, im elfischen Vergleich. Und doch war ihm eines bewusst. Durch seine Fehleinschätzung, hätte er dort in der Höhle im Staub liegen können.
Und so ging die Suche nach dem Weg weiter, harrend der Dinge, die er hier noch erleben würde... Und er würde Lindas Licht immer wieder entzünden.
~~Worte verletzen mehr als jegliche Waffe dieser Welt~~
Labradorit - Firraerim Auvrea'elrvis - "Auf der Suche nach dem Weg."
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I.II Von Freunden und Einhörnern
So war es nun… er hatte wirklich Freunde gefunden. In Lisfar! Es war nicht so, dass er keine Freunde finden wollte, nur hatte er nicht damit gerechnet unter Nichtelfen, so schnell das Bedürfnis zu verspüren, diese so nennen zu wollen. So seltsam es sich anfühlte, er fühlte so.
Für ihn war nicht viel Zeit vergangen. Was waren schon ein paar Mondläufe in Anbetracht seiner Lebensspanne. Es waren _nur_ ein paar Mondläufe! Labelas Atem, die Zeit, wenn auch ewig fließend und für einen Elfen im Überfluss vorhanden, ist für das Land und all seine Bewohnenden anders zu ermessen.
Er wusste und kannte dies. Aufgewachsen in Elfenbaum und zwischen Zivilisation und Wildnis stetig wechselnd, hatte er schon Erfahrungen gesammelt, dass manche Nichtelfen nach ihm das Land betraten aber vor ihm auch wieder Gegangen sind. Die Mysterien von Land und Zeit sind Teil des Lebens und … ja, mit Sicherheit würde er irgendwann mehr davon verstehen. Auch wenn nicht von der Hand zu weisen ist, dass häufig die Erkenntnis über ein Mysterium und dessen Bewandtnis, daraus noch mehr Mysterien erwuchsen. Ob zum Guten oder zum Schlechten? Gleichgewicht bedeutete für ihn nicht etwas … was starr und unbeweglich ist. Er sah es schon immer wie eine Wage, in dessen Mitte er sich befand. Balance zu finden und zu vermitteln bedeutet für, zuzulassen, dass eine Seite der Waage auch ausschlagen kann und wird. Alle ist im Fluss. Dies zu verneinen und die Waage, das Gleichgewicht, nur für den dauerhaften Zustand eines Gleichgewichts absoluter Neutralität und des Stillstandes „einzufrieren“… das widersprach vielem in seinem Inneren. Wie kann etwas im Gleichgewicht sein, wenn es nicht fließt? Tag und Nacht. Ebbe und Flut. Geburt und Tod. Nichts davon stand oder steht still! Hoffentlich würde sich dies auch nie ändern, auch wenn…
Auch wenn erhoffte manchmal mehr Balance zu finden, doch bei diesen Gedanken, begann sein Gedankenkreislauf, von vorne.
Und ja… er musste noch viel lernen über die Welt und das Leben und seinen Weg hindurch finden. Aber Lurue würde ihn leiten!
Wenn es auch ungewöhnlich war, sich den Lehren Yathagheras, Lurue’s, hinzugeben, war es genau diese Geschichte, die Geschichte Yathagheras von Immerdar, die in „beflügelte“ und diesen Weg hatte ohne zu zögern gehen lassen. Ob nun eigentlich Kahlreshaar ihre Hand über ihn hielt und Lurue in ihrem Namen, Mielikki’s, ihn führen ließ, war nicht egal, aber auch nicht entscheidend. Er hatte sie gesehen! Zwei Einhörner! Eines mit einem goldenen Horn, in der Ferne auf einer Anhöhe, beobachtend was darunter geschehen möge. Das Zweite so silbern, wie die Mondsichel am Himmel, war ihm nähergekommen. Der Blick des Einhorns war unergründlich gewesen und von andersweltlicher Schönheit für den Jungen Elfen. Eine kaum aber doch sichtbare Mondsichel war auch auf der Stirn des Einhorns, das Horn selbst „einrahmend“, zu erkennen. So mystisch… so herzergreifend… so wie aus einer andren Welt. Als Firraerim die Tränen kamen und er blinzeln musste, wollte er die Tränen fortstreichen, schloss für einen Moment die Auegen. Er fand sich allein. Alleine im Wald, in dem silbriges Zwielicht herrschte und der Nebel bereits floh vor dem kommenden Tag.
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I.III Von wenn Erevan und Tymora zusammen wandern
Ein Glückstreffer, in der Tat. Er hatte zwar ein wenig Zeit nicht in Lisfar und dessen Umgebung gelebt, doch die dort Lebenden, die ihm so nah gekommen schienen, waren und sind unvergessen.
Es waren davon nur eine Handvoll. Aber eben genau jene Erinnerungen hatten ihn dazu veranlasst zurück zu kehren. Wahrscheinlich hätte er dies irgendwann eh getan. Doch als ihn die Nachricht erreicht hatte, dass Slaadi in der Stadt eingefallen waren, hatte er nicht gezögert. Waren es drei Tage und Nächte gewesen, die er durch marschiert war? Sein Kopf ruhte an der Unbehauenen Felswand, die sich irgendwann in die Mauer zwischen Hafen und Marktviertel wandelte. Wie noch immer er diese Mauern als unangenehm empfand. Und doch, hier an einem seiner neuen… Sicheren Orte, da fühlte er den Herzschlag des Felsens. Der Erde unter Lisfars. So sehr sich Lisfar von Elfenbaum unterschied, so länger er hier verweilte, um so mehr erkannte er, dass nicht alles von Nichtelfen Gemachte nur „schlecht“ oder „beengend“ für ihn war. Dieses Stück Felsmassiv war geblieben. Irgendwie. Und auch wenn Lisfar eng bebaut ist, so gab es auch hier Momente der Freiheit für ihn. Die Geschichten, die er über den Nuathlis gehört hatte, waren nicht nur einfache Schauergeschichten. So schön der elfische Name „Nuathlis, auch klang, dass die Orks ihn Blutfluss nannten, war weniger „schön“ aber wahr. So viel war hier geschehen. Geschieht gerade. Würde noch geschehen mögen.
Was für seltsames Glück er doch empfand. Seine Gedanken sprangen und auch das Gefühl von dem Felsen wechselte wieder zu dem beklemmenden Gefühl, welches er oft in Lisfar trug. Also tat er das, was ihm häufig half, wenn er so fühlte, aber nicht direkt in den Wald eintauchen wollte. Er erhob sich und machte sich auf zur Oberstadt. Er wusste noch immer nicht, welche Pfade ihm… angenehmer waren. Die leeren Gassen oder das Marktviertel? Er versuchte immer einen neuen Pfad zu finden, mit dem er sich wohler fühlen möge, aber … Lisfar war kein Wald. So grün es auch im vergleich zu andren Städten sein mochte. Ein Münzwurf vielleicht, oder das ungesehene Zupfen einer Sylphe an Haar und Gewand, hatten ihn Tage zuvor zum Museum geführt. Seit dem, war dies immer wieder sein Pfad durch die Viertel, dort vorbei. Er ging nicht immer hinein. Die dort ausgestellte Geschichte und der Turm mit dessen Ausblick in alle Windrichtungen wurden mehr und mehr zu einem neuen Punkt in diesem Netz aus Mysterien, den er als sicher empfand. Auch wenn ihm dies selbst vielleicht weniger bewusst sein mochte. Sein Blick verharrte auf dem Museumseingang als er vorbei ging und zielsicher weiter ging.
Er schmiegte sich enger in seinen Klappenmantel und versuchte seine Sinne zu fokussieren, ging weiter und weiter bis das Plätschern des Delfinbrunnens seine Ohren erreichte. Nur noch wenige Schritte und dann… waren seine Sinne und Gedanken wie Wolken. Frei und unbeständig.
Er stand auf der Anhöhe unter dem großen Baum und verlor sich in der Weite, die er überblickte, ganz so, wie er es oft in Elfenbaum getan hatte.
Er wurde ruhiger. Atmete tief aus und ein und die ganze Zeit „spielte“ tanzend ein vierblättriges Kleeblatt in seiner Hand, welches er aus dem Glücktreffer mit sich trug.
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I.IV Von Leere
Da saß er nun. Zusammen gekauert, die beine eng mit den Armen umschlungen. Selten war es gewesen, dass er wie in einem Tunnel gleich, die Stadttore passierte, den Markt hinter sich ließ und der Fuhrmeisterei entgegen… eilte? Der Dachs, der sonst lieber nicht in die Stadt mitkam, war die ganze Zeit eng an seiner Seite. Lag da Sorge im Blick Honigdiebs? Von außen müsste es so erscheinen, dass da ein Waldelf niemanden Beachtung schenkte, so tief in Gedanken. Sein Gesicht und seine Gedanken einer dunklen Wolke gleich. Doch der Dachs, er blickte nur „nicht“ zu seinem Elfenfreund, wenn Firraerim etwas oder jemand zu nah kam, auch wenn des Elfen Gang direkt zur Fuhrmeisterei führte.
Beide verschwanden darin. Ferond, der die beiden kannte, war sichtlich überrascht, dass Firraerim auch an ihm vorbeirauschte in Begleitung des Dachses. Der Halbelf wollte schon die Stimme an den Elfen richten, doch dieser war an ihm vorbei und schon zu den Hinteren Zimmern verschwunden. Das war ungewöhnlich, sonst haben die beiden doch auch immer mit einander geplauscht, wenn Firraerim zu Gast in der Fuhrmeisterei war. Allerdings war Ferond auch zu sehr mit Arbeit beschäftigt, als dass er nun sich um den Elfen hätte kümmern können. Doch die steile Falte zwischen des Halbelfen Brauen verriet, dass er sich nicht nur darüber wunderte, dass Firraerim den Dachs mit nach „drinnen“ gebracht hatte. Er würde den Waldelfen später, wenn die Tagearbeit geschafft war, einen Besuch abstatten.
Da saß Firraerim nun. Seine Rüstung lag dahin geworfen am Ende seines Bettes, in dem Raum, der Bezogen hatte, mit Lyn und Renard ausgesucht, mit dem freiesten Ausblick aus dem Fenster, welches nun weit offenstand. Sene Stiefel hatte achtlos ausgezogen und liegen lassen und sich dann am Kopfende „zusammengerollt“, mit dem Rücken gegen die Wand. Das geflochtene Lederband, welches er eigentlich immer auf der Stirn trug, ebenso wie die vielen Haarbänder und Ringe, die seine langen Haare sonst zu einem Zopf hielten, lagen nun wirr verteilt auf dem Nachttisch. Seine Stirn ruhte auf seinen Knien und somit flossen die Zedernbraunen Haare um den ganzen elfischen Körper, Strähne um Strähne unbeachtet.
Honigdieb hatte sich verunsichert unter den Rüstungsteilen, die so sehr nach Wald rochen, wirklich zusammengerollt, als sei dies eine Höhle. Sein Blick auf den Elfen gerichtet. Das Licht, welches durch das Fenster hereinkam, barg die Silhouette einer kleinen Gestalt, die alarmiert den Blick nach draußen gewandt hatte. Nur ab und an, flirrten die kleinen Libellengleichen Flügel nervös auf. Ganz passend zu dem ernsten Gesicht, was nur durch die zusammen gezogenen Brauen verriet, wie sehr er nachdachte und gleichzeitig sich sorgte. Blauflügels Hand ruhte an dem kleinen Feendolch an seinem Gürtel, irgendwo musste auch er sich gerade einfach festhalten.
Der Feenrich atmete durch und erneut flirrten nervös seine Flügel. Das Licht des Tages brach sich darin und sorgte für ein kurzes aufleuchtendes Farbenspiel in dem Zimmer, in dem eine imaginäre Regenwolke eingezogen zu sein schien.
Selbst das hastig entzündete Räucherwerk, in einer kleinen Schale nahe des Badezubers schien die Wolke nicht vertreiben zu wollen oder zu können. Sonst half diese Zubereitung Firraerim zumindest ein wenig zu vergessen. Darüber hinwegzusehen, dass die Enge da war. Doch heute… war es Firraerim nicht eng… sondern leer.
Eine Leere war ihm habhaft geworden, die ihm alle Gedanken nahm. Fast alle. Doch sobald diese Gedanken sich in seinen Geist zurück kämpften, wurden sie sogleich auch wieder in die Leere verbannt. Ein Drahtseilakt der Firraerim lähmte, sich so gut er konnte hier verkroch, und die Welt ausblendete.
Die Welt selbst würde in diesem Moment aber nur einen ungewöhnlich hastigen Waldelfen mit einem Dachs gesehen haben. Hastige Bewohner Lisfars waren nichts Seltenes.
Und die Welt, die unterhalb des hohen Fensters sich abspielte. Oder auch, dass vor der Tür des Zimmers, würde nun nichts davon mehr mitbekommen, was in dem Zimmer vor sich ging. Lediglich der angenehme Duft von wertvollen Kräutern, Hölzern und einem Harz quoll über die Grenzen des Zimmers hinaus, manchen Geruchsinn bewusst oder unbewusst füllend.
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I.V Von einem Entschluss
Die Welt lies Sonne und Mond wechseln. Und mit dem erneuten Wechsel der Gestirne dämmerte ein neuer Tag. Ferond war der Geruch nicht entgangen, der sich unter die üblichen Gerüche der Fuhrmeisterei gemischt hatte. Stall und Tagewerk. Das waren zumeist jene Gerüche, die den Alltag hier beschrieben. Ab und an parfümierte Kunden verschiedenster Coleur waren auch nicht unbekannt. Seit Firraerim das kleine Zimmer bezogen hatte, waren aber neue Gerüche hinzugekommen. Nicht nur, dass den Kupferelfen immer ein Hauch von Wald umgab, dieser hatte immer wieder auch neue Gerüche einziehen lassen. Ferond hatte ihm aufgetragen nicht zu übertreiben! Der Kunden wegen, natürlich.
Firraerim hatte dem Halbelfen erklärt, dies würde ihm helfen, sich mehr und mehr an das Zimmer und an Lisfar zu gewöhnen. Also das Räuchern von Kräutern und Pflanzen, Hölzern oder Harzen. Ausserdem, so musste oder konnte Ferond sich wohl eingestehen, war es nicht so, dass Firraerim jeden Sonnenlauf einkehrte. Manchmal blieb er für einen Zehntag fort. Manchmal blieb er für mehrere Nächte oder wechselte mit zwischen dem Zimmer und dem Glückstreffer, so sagte Firraerim. Also genaugenommen, gab es kein deutlich erkennbares Muster, ob oder wie lange Firraerim in der Fuhrmeisterei verweilte, aber… dies nun, dies war wirklich untypisch für den Kupferelfen.
Firraerim verschloss sich dem Klopf an der Tür oder näherem Sozialkontakt, höchstens ließ er verlauten, dass er alleine gelassen werden will. Zu mehr kam er gerade nicht. Seine Gedanken waren zu tief in dem inneren Für und Wider verstrickt.
Als der zweite Sonnenlauf verging und die dritte Nacht langsam dem nächsten Tage wich, schien sich aber etwas zu ändern. All die Zeit waren seine Gefährten bei ihm. Nur als es wirklich nicht anders ging, war Firraerim mit Dachs und Feenrich hinaus, wenn er annehmen konnte, ungestört zu sein. Immerhin… so etwas wie ein „Dachs-Klo“ stand nicht in des Elfen Zimmer. Und irgendwann musste Honigdieb das tun, was dachse halt machen. So wie jedes Lebewesen mit einem Verdauungssystem. Aber bitte nicht in der Fuhrmeisterei!
Es waren diese kleinen Momente, da Firraerim langsam auf andere Gedanken kam. Bevor er sich wieder zurückzog, für ganz für sich, nur mit seinen Gefährten.
Gewiss nicht war hier das Schicksal der Welt zu entscheiden. Das stand nicht auf diesem Paper geschrieben. Aber wohl der Umgang mit der Situation und wie er fort an Dinge… Handlungen… Situationen angehen wollte. Sollte?! Ihm war von Anfang an bewusst, dass er nicht ewig sich verkriechen konnte… vor allem nicht wollte. Doch die Hoffnung darauf, dass Aren vielleicht würde einkehren, hatte ihn überhaupt sich hier verkriechen lassen. Und da Lyn und Rennard verreißt waren, war dies in diesem Moment seine Handlung gewesen.
Nur ein oder zwei Mal, war er ganz alleine und tief in Gedanken hinaus gegangen um sich seine Beine zu vertreten, ohne festes Ziel. War das ein Fehler? Auf dem Weg ohne Ziel?
Er kannte hier ja sonst niemanden… so viele Gesichter waren es Täglich. So viele von ihnen. N’Tel’Quess. Nichtelfen. Oder wie es salopp unter jungen Elfen gesprochen wurde: Aethen. Die Anderen. Und auch wenn er mit der einen oder dem anderen Sprach, so war es irgendwie mit Blättern zu vergleichen, die im Herbst vom Baum fielen. Manche davon schöner und es Wert näher zu betrachten, andere, die ,dem Kreislauf gemäß, vom Wind fortgetragen wurden im Fluss der Zeit. Aber es waren Blätter, die sich schneller braun färbten, als das seine, von eben diesen Baum
Und auch wenn Fremde nur jene sind, die wir noch nicht kennen lernten, so ist sind sie doch genau dies. Fremde. Nichtelfen. Aethen. Bhen. Da waren sie wieder. Elfische Gedanken von Zeit und von anderen Völkern. Es waren „nur“ nicht Elfen. Viele davon wahrscheinlich in bloß zehn Sommern dahin, oder weiter gezogen an einem anderen Ort. In hundert Sommern wohl oder übel von dem Meisten vergessen. Was wussten sie schon! Was hatte er überhaupt erwartet als hier kam! … hier verweilte?
Zweifel und Worte waren es, die ihn so in sich haben kehren lassen. Nicht das „was“ zu tun sei. Eher das „wie“. Nicht das Zaudern, sondern die Tat. Aber jedes Lebewesen zweifelt irgendwann etwas an. Ob es der Bienenfresser am ausgetrockneten Bachlauf ist, der den „perfekten“ Nistplatz in den trockenen Lehm picken musste. Oder ein junger Bär, der versuchte seine Mutter nachzuahmen, seinen ersten Lachs zu fangen und bei den ersten Versuchen scheiterte.
Aber genau da lag für ihn irgendwie das Problem. Weder hatte er Flügel. Noch war er ein Bär. Er hatte sich dem Lebensfunken verschrieben und … dieser Drow, was an sich schon schlimm genug war, genau dem, was diesem Leben entgegenstand. Untot, so viele es sie auch gab, waren ein Dorn im Auge seines Zirkels und vermutlich allem druidischen. Da ergab sich die Frage nicht, dass jeder „vernünftig“ denkende Lebende mit untoten ein Problem habe. Doch jene, die bewusst den Natürlichen Kreislauf zerstörten, ihn zerrissen, verdrehten und sich diesem selbst entzogen um willentlich weitere Dissonanz im Reigen des Kreislaufes zu erzeugen. Da waren selbst die wenigen Eilistraee-Dunkelelfen, die Elfebaum willkommen hieß, zwar für einen jungen Elfen ein moralischer Balance-Akt, doch bei den Mormhaor’Faern, Untot’Zauberer, Nekromanten. Da gab es sogar für ihn keine Balance mehr. Das Paradoxon der Toleranz. Die Reaktion auf seinen Natürlichen Feind?
Und umso mehr er darüber nachdachte um sicherer war er sich. Wenn er nichts tat, würde er nicht nur gegen seine Eide verstoßen, er würde zulassen, dass mehr Leben dem Kreislauf entrissen werden konnte. Steter Tropfen höhlt den Stein. Auf der einen … oder anderen Seite. Auf die eine oder andere Weise. Irgendwann würden sie sich wieder gegenüberstehen. Das glück diesem Eisregen entgangen zu sein, dafür dankte er Lurue und den Seldarine nicht nur ein Mal. Aber das nächste Mal, wollte er nicht ein einsamer Baum, diesem eisigen Regen ausgesetzt, sein. Er hatte geschworen das Licht des Lebens zu schützen. Was wäre es wert, wenn er nicht zu seinem Wort stünde?
Da waren sie, die Pfade, die er brauchte, wieder vor sich. Mit dem zurückkehrenden Tag entflammte auch das Feuer wieder in seinen Augen und es wurde Zeit, dass er auch ein anderes Licht wieder nährte.
So zog er sich an. Kehrte zurück ins hier und jetzt, machte sich bereit die Stadt zu verlassen. Er schlug den Pfad in Richtung der Höfe ein, um „das Licht für Linda“ wieder zu entzünden.
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I.VI Von ein Tritt zu viel
Sanftes rauschen durchdrang das Blätterdach, bis zu dem Ort, wo der Waldelf mit seinen Gefährten rastete. Das Licht brach zwischen den Wipfeln hindurch, zeichnete muster auf den Boden des Waldes. In einen dieser wandernden Lichtstrahlen hielt Firraerim seine Hand und betrachtete die helle Reflexion des Lichtes auf seiner Haut. Dachs und Feenrich beobachteten ihn in Stille. Es war nicht oft, dass Firraerim auf diese Art und Weise schwieg. Denn eigentlich, wenn Tier und Fee sich ebenso selten wirklich einig waren, schwieg er nicht. Viel mehr, um genau zu sein, schwieg sein Körper nicht. Auch wenn seine Stimme, über seine Zunge, nicht zu hören, nicht in Worte gekleidet wurde, so war es doch so, dass Firraerims Körpersprache unübersehbar war. Schon all die Zeit. Wer den Elfen kannte, kam schnell dahinter, dass Firraerim weder sich wirklich mühe gab, seine Emotionen zu verbergen, noch wirklich etwas davon hielt. Klare pure Ehrlichkeit war schon immer das Wasser seines Kelches. Ob es an seinem alter Lag? Tat dies etwas wirklich zur Sache? Einst, da hatte Firraerim einen Satz einer Elfin mitgehört, wie diese zu einem anderen Elfen sprach: „Wann ließen wir zu, dass die Dunkelheit über uns triumphiert?“
Blauflügel versuchte sich zu erinnern, wie oft er Firraerim davon hatte sprechen hören. Doch jedes Mal, war es dasselbe. Als Waldelf und Sprite den Packt geschlossen hatten, gegenseitige Vertraute zu sein, da hatte Firraerim Blauflügel davon erzählt. Danach nie wieder. Firraerim, der zu dieser Zeit noch nicht diesen Namen trug, schien dies eine frühe Erinnerung zu sein, die niemals an „Glanz“ verlieren würde. Eingebrannt in seine Gedanken, wie auf der Borke eines Baumes.
Es war die Stille, nach all den Emotionen, die Firraerim nun umgab, die Weder einem Baume glich, noch einem Stein. Wenn auch Stille niemandem Fremd war, die Natur aber auch, genau genommen, niemals wirklich Still war, fragte sich der Sprite dennoch, ob alles Leben denn überhaupt „Zorn“ kannte.
Zorn. Weder zerstörerisch, noch tobend. Nicht Zielgerichtet, dafür einem Drachen, der die Nüstern in glimmender Hitze blähte, urteilend, was zu tun, gleich. Entfesselt, bei nur einem einzigen Fehltritt. Blauflügel hatte versucht mit ihm zu reden, aber ganz ohne Erfolg. So wie Honigdachs auch, dessen Nähe den Waldelfen eigentlich immer hatte beruhigen können, dies nicht vermochte. Firraerim bis in sein Inneres zu beruhigen.
Nach dem die Drei die Stadt verlassen und Lindas grab besucht hatten, war Aufregung Wut gewichen. Als diese dem zweifelnden Grübeln gewichen war, hatte Firraerim den Weg Nördlich den Lis hinauf, schon eingeschlagen. So viele Schritte vor und hinter sich habend, hatten irgendwann die Fragen Blauflügels aufgehört. Firraerim wusste, dass es eigentlich nicht fair war, seine Gefährten aus seinen Gedanken auszuschließen zu diesem Zeitpunkt. Doch es galt umzudenken und dafür musste er sich bewegen. Die Enge Lisfars weit hinter sich lassend, dem Gäfig seiner Gedanken abzulegen.
Als Gnolle und anderes Gesindel versuchten ihnen entgegenzutreten, bereuten sie es dieses Mal nichr nur, sie bezahlten mit dem Leben. Firraerim hatte nicht wie sonst gehandelt. Er hatte nicht versucht „alleine“ alles zu bewerkstelligen. Zu schützen oder zu weichen. Er hatte seine „Dornen“ gezeigt und diese hatten Blut zu trinken bekommen.
Und über genau dies… sinnierte der Waldelf im stillen Zorn, nachdenklich und abwägend, eine Hand im Sonnenlicht badend. Rastend im Schosse alter Bäume hinter der Waldsaumgrenze des Cormanthors. Blauflügel sah von dem Elfen zum Dachs. Niemand war verletzt worden von den Beiden, nachdem der erste Gnoll es gewagt hatte einen „Tritt“ ihnen entgegen zu machen.
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Labradorit - Firraerim Auvrea'elrvis - "Auf der Suche nach dem Weg."
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I.VII Von alter Zeiten und Webfäden
Firraerim wanderte und rastete nicht stets an einem Ort oder besser, an nur einem Platz. Er begann mit seinen Gefährten, vielerlei Pfade einzuschlagen, um möglichst eine gute Übersicht von dem Gebiet zu bekommen, in dem er sich hier befand. Teils gab er sich mühe seine Spuren zu verwischen, teils aber auch mit Absicht nicht. Er schlug sowohl neue Pfade, aber eben auch „alte“ erneut, ein. Jene, die er bei seinen ersten Schritten hier, nahe Lisfar’s, bereits ausgekundschaftet hatte. Alt jedoch war ein schwerwiegendes Wort für die … Zeit, die hinter diesen Tagen lag, seit er das erste Mal auf Aren begegnete. Oder auf Lyn und Renard. Und doch, so waren diese Drei es gewesen, die ihn hatten nicht weiter ziehen lassen, auf der Suche nach dem Weg. Als Aren Firraerim erzählte, dass auch dieser Lurues Lehren folgte, kam es Firraerim, wie ein kleines göttliches Zeichen vor, dem zu folgen es sich lohnte.
Sie alle schienen, jeder für sich, wie ein neuer Webfaden zu sein, der sich in den Teppich seines Lebens einziehen lassen wollten. Sie festigten ebenso den Grund, dass er zurück gekommen war. Lisfar allgemein strahlte etwas aus, dem er sich nicht entziehen wollte. Können? Mh, wahrlich, dies sollte wohl nicht das Problem sein, oder doch? Eine Stadt, wie viele andere auch zwischen seiner Heimat, der Mondsee und der See der gefallenen Sterne. Beinahe unweit muteten Ulmenholz und ebenso Elfenbaum, sein Geburtsort, an. Und doch, war es genau so, wie die Nebel der Mysterien manchmal an Einblick… munkelten? Er verließ Lisfar nicht. Etwas lag an dieser Stadt, die eben keine Stadt, wie so viele andere, sein mochte. Das Gebiet um Lisfar herum nicht einfach nur Land. Die Erinnerungen, die er hier gewonnen wusste, kostbar auf ihre mysteriöse und eigene Art.
Gedanken, wie Wolken, zogen durch seinen Kopf. Mal weich und unbeständig, mal schwer von Regen kündend. Er lag am Waldrand unter einer der letzten großen Zedern, bevor der Wald dem Grasland vollends wich, eine Rast haltend. Den Rastplatz so gewählt, dass Blauflügel und Honigdieb keine Mühe haben mochten, dieses Mal „alles im Blick“ zu halten. Der Waldelf brauchte diese Momente für sich und ohne, dass die beiden ungleichen Gefährten sich absprachen, waren Fee und Dachs mehr als darüber erleichtert, dass der Waldelf es ihnen überließ, über ihn zu wachen, da er ruhte. Blauflügel hoch in den Wipfeln und Honigdieb Querfeld ein. Ab und an trafen sie sich, verbrachten Zeit miteinander, nur um dann wieder ihre eigenen Routen zu wählen. Firraerim lag im Schoß des Baumes. Auf dem Boden, der von den weichen Nadeln der alten Zeder beinahe vollends überdeckt wurde. Die Wurzeln der Zeder brachen ab und an aus dem Erdreich hervor. Auch nur wenige Blatt-Nachbarn hatten ihre Blätter bis hier her fallen lassen können. Wie er Mischwälder liebte. Ihrer Vielfalt und Unterschiede der verschiedenen Pflanzen und Tiere ließen ihn immer aufatmen, irgendwie freier. In den Tagen seiner späten Kindheit war er einige Male nach Immerreska gereist um dort den „ehemaligen“ Zweig des Hauses Auvrea’elrvis zu besuchen und somit dem Haus Freanidlues Aufwartung zu machen. Sein Halbbruder gehörte diesem „Zweig“ an.
Nicht nur dies waren pickende Erinnerungen. So waren es auch die wenigen reinen Nadelwälder gewesen, die er auf der Reise hatte kennen gelernt. Je tiefer er in den Cormanthor, zu all seiner Zeiten, gegangen war, um so mehr Laubbäume waren dort zu stehen. Die Bäume waren alt, ihre Blätter weich bis ledrig rau. Laub- wie auch Nadelbaum hatten etwas für sich. Beides, aber auch gegen sich. Und so ungemütlich sowas sein kann, er schätze es dennoch. Verglich er gerade seine Familie mit Laub und Nadel? Er musste herzlich schmunzeln. Endlich gelang ihm dies wieder. Der Vergleich aber… für seinen Geschmack mehr als trefflich. Er hatte nie die politischen Verstrickungen der Elfenhäuser vollends verstehen wollen. Er hatte sich nur entscheiden müssen, ob er dem Haus Auvrea’elrvis angehören wollte, sowie auch sein Halbbruder sich hatte entscheiden müssen. Sein Halbbruder ging seiner eigenen Wege. Kor’zairlan entschied sich für das Bündnis zwischen den Häusern und hatte somit zur Kräftigung dessen maßgeblichen beigetragen. „So etwas“ war nicht wirklich „etwas“ für Firraerim. Die Gesetzte des Waldes dafür um so mehr. Durch seine Entscheidung, erstarkte das Bündnis der beiden Häuser auf eine andere Weise, wie auch er einem anderen Weg folgte. Hin und wieder fragte er sich, wie es dazu gekommen war, dass seine Mutter Zwei Kinder in die Welt getragen hatte, mit zwei Verschiedenen Vätern. Sie selbst entstammte dem Haus Auvrea’elrvis. Der Vater seines Halbbruders, ein starrer Vertreter des Hauses Freanidlues, ganz so, wie er es aus den Geschichten über seine Verwandten gehört und sich es ausgemalt hatte. Sie alle muteten irgendwie starr und unnachgiebig an, wie ein abgeschossener Pfeil. Ganz so, wie er sich Wächterschützen, die dem großen Jäger fast alle samt folgten, damals vorstellte. Er und sein Halbbruder waren Teil, Kettenglieder, dieses Bündnisses und irgendwann kam es soweit, sich entscheiden zu müssen, welchem Haus sie … angehörten? Das klang in seinen Ohren bis heute seltsam und doch…
Auch wenn damals ein Teil des Hauses Auvrea’elrvis mit dem Haus Freanidlues verschmolz, so gab es auch den Zweig, der seine Unabhängigkeit behielt. Es war der kleinere Zweig, der in Elfenbaum verblieb, da sie alle samt Eigensinnigkeit offensichtlich einte. Weltenbummler, so wurden sie oftmals genannt. Erneut musste er schmunzeln. Seine Gedanken glitten zu seinen Freunden und Verwandten dort. Zu Tramahstas, dem Mondelf, der Wald- und Mondelfenblut in sich trug. Dieser, der seine Lebenszeit hauptsächlich auf Reisen verbrachte, bei Menschen von denen er lernen wollte. Er wurde Firraerims geheimes Vorbild, obschon sie selten ausreichend Zeit gemeinsam verbrachten, wenn es nach Firraerim ging. Darauf hin sah er das Gesicht Ka’Naorrua’s, die Gefährtin seines Halbruders, die so ganz entgegen dem stand, was Kor’zairlan eigentlich vertrat. Sie, die Kor’zairlan, Firraerims Halbbruder, scheinbar die richtige Waagschale wog, gemeinsam die Balance für einander bringend? Sie ließ Firraerims für Sinn für Gerechtigkeit keimen, entfachte dessen Kraft. Lag es auch an ihrem gemischten Blut, dass dies hierzu führte? Auch wenn sie vollends als Mondelfin galt, so war es doch kein Geheimnis, dass ihre Ahnenreihe Menschenblut enthielt. Silberfuchs. So hatte er gehört, nannten sie in Elfenbaum manchmal Stimmen. Er kannte weniger von ihrer Geschichte als er wollte, gestand er sich nicht zum ersten Male ein. Doch ähnlich wie bei seinem Cousin, Tramahstas, so galt auch sie als eine Reisende, aus vielerlei Gründen. Er wusste zwar ihre nähe zur Harfe, doch waren Harfner in Elfenbaum nichts ungewöhnliches, selbst wenn diese ihr „Handwerk“ für sich behielten. Schlummerten hier die Gründe für ihre vielen Reisen? Möglich, doch nicht entscheidend. Es reichte ihm, dass sie seinem Halbbruder mehr als nur ein Mal Konter gab, vor ihm. Für ihn? Ebenso, dass sie immer wieder warme und heilende Worte für Firraerim sprach, wenn er diese brauchte.
Langsam aber sicher durchzuckten seine Gedanken kleine Blitze, Kopfschmerzen kündigten sich an. Er rieb sich die Schläfen, versuchte wieder andere Gedanken zu fassen und ließ die Gedanken von eben los. Alles viel zu kompliziert für diesen Moment!
Seine letzten Gedanken an seine Heimat galten seinen Eltern und weiteren Verwandten aus Elfenbaum. Dann sah er Firyl und Ninim in seinen Gedanken. Auch ein Gespann für sich, ohne Frage für Firraerim. Die Liebe zwischen den beiden, so dachte er zweifelsohne, konnte kein Sänger Hanalis gerecht werden, dachte Firraerim verträumt. So klar und ohne Furcht standen sie für einander ein. So nah schienen ihre Herzen zu sein. Sollte er Firyl fragen, wie sie sich hatten kennen und lieben gelernt? Ganz unschuldig und pur wuchs Firraerims Neugier in diesem Falle nahe zu. Aber ob es sich schickte, dies zu tun? Firyl war kein einfacher Waldelf. Dies verrieten seine silbrigen Haare und die saphirblauen Augen auf anhieb. Ausserdem gehörte Firyl zu den Stimmen Lurues und somit zu den Obersten des Lurue-Zirkels. Unbewusst berührte Firraerim bei diesen Gedanken die beiden kleinen keilförmigen Tätowierungen an seinem linken äußeren Augenwinkel. Damals erblickte er diese bei Firyl zum ersten Mal. Heute trug er sie selbst, mit Stolz.
Als er an Ninim, ein Nachfahre der Skalden aus dem Hohen Norden, dachte, drangen weitere Erinnerungen in Firraerims Geist. Angeblich stammte der haferblonde Waldelf sogar aus den Landen der einstigen Elfenfestung der Abgetrennten Hand, so munkelten Stimmen hier und dort. Hatte Ninim ihm nicht erzählt, dass er lange Zeit im Wealdath lebte, ebenso wie auf einer weit entfernten Insel? Noch vor seiner Zeit in Elfenbaum und mit Firyl? Gedankenfetzen folgten einander. Wenn Firraerim die beiden beinander nah gesehen hatte, waren sie irgendwie eindrucksvoll(?) anzusehen. Firyl von feingliedriger Gestallt und andersweltlichem Glanz, stand im Kontrast zu Ninims rauer Schlichtheit und dessen breitem Kreuz. Er kannte Firyl fast sein ganzes Leben. Ninim nun seit fast 50 Sommer und Winter. In der Vergangenheit hatten die drei mehrmals gemeinsam Aufträge im Namen des Lurue-Zirkels bestritten. Dabei war Ninim kein Teil des Zirkels, soweit sich Firraerim erinnern konnte? Dies sollte ihm doch nicht entgangen sein! Irgendwie waberte auch hier der Nebel der Mysterien.
Ahhhh… es war zum Mäusemelken! Schon wieder drohten Kopfschmerzen sich anzukündigen. Noch einmal klärte er seinen Geist, ließ alle Gedanken an seine Heimat los… und so flimmerten vor seinem inneren Auge die Gesichter von Renard, Lynn und Aren auf. Firraerim wurde klar, dass seine Rast wohl nun endete. An innere Stille und Ruhe war nicht mehr zu „denken“. Er lächelte verschmitzt ob dessen, als diese Fäden zurück in seinen Gedankenteppich zogen und neue Zeiten weben wollten.
~~Worte verletzen mehr als jegliche Waffe dieser Welt~~
Labradorit - Firraerim Auvrea'elrvis - "Auf der Suche nach dem Weg."
Ravunis - [...]